© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

Dschihadisten auf dem Vormarsch
Kämpfe in Mali: Frankreich will Militär verstärken / Westafrikaner wollen Eingreiftruppe schicken
Günther Deschner

Ein demokratisches Musterland war das westafrikanische Mali nie. Die Bevölkerung – 15 Millionen, 30 Ethnien und ein Dutzend Sprachen – ist arm, obwohl das Land über Uran-, Kupfer- und Afrikas drittgrößte Goldvorkommen verfügt. Erst als vor sechs Monaten radikale Islamisten einen Eroberungsfeldzug gegen Mali begannen und weit nach Süden vorrückten, kam die französische Ex-Kolonie in den Fokus internationaler Aufmerksamkeit – und daran ist Paris nicht unschuldig.

Denn die in Mali entstandene Lage ist auch ein Kollateralschaden des westlichen Angriffs auf Libyen vom März 2011. Zu diesem Krieg wäre es ohne den Druck des damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy nicht gekommen. Und ohne die Hilfe der USA hätte er nicht beendet werden können. „Der Westen“ war damals siegreich. Doch ob er auch erfolgreich war, steht auf einem anderen Blatt.

Denn nach der Niederlage und Ermordung Gaddafis flüchtete, wie Kriegsgegner vorhergesehen hatten, ein Teil von dessen Söldnertruppen mit ihren modernen Waffen südwärts durch die Wüste, in Malis Norden. Im Windschatten der durch Sarkozys Krieg ausgelösten Destabilisierung der Region riefen Tuareg-Rebellen im März 2012 dort ihren lang angestrebten eigenen Staat „Azawad“ aus, wurden dann aber von immer stärker werdenden Dschihadistengruppen vertrieben, die sukzessive die Kontrolle über wichtige Städte im Norden übernahmen.

Es handelt sich nicht um die Rebellion malischer Minderheiten. Die auf 6.000 Mann geschätzten Dschihadisten sind vielmehr ein bunt gemischter Haufen aus Algerien, Mauretanien, Libyen und dem Sudan. Sie unterdrücken die lokale Bevölkerung, hacken Dieben die Hand ab, morden und vergewaltigen nach Belieben, finanzieren sich über Drogenschmuggel im großen Stil. Die Tuareg sind inzwischen auf dem Rückzug.

Seit deren Verdrängung durch die Dschihadisten sind nach UN-Angaben mehr als 250.000 Menschen aus Malis Norden in Nachbarländer geflohen. Der Konflikt hat also durchaus eine internationale Dimension, die nach Meinung Frankreichs und einiger Verbündeter ein Fall für ein Eingreifen des UN-Sicherheitsrats ist, der inzwischen auch die Aufstellung einer afrikanischen Unterstützungsmission für „Malis Sicherheit und Integrität“ unter Führung der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas genehmigt hat. Deren Vorsitzender Alassane Ouattara, Präsident der Elfenbeinküste, hat die Entsendung einer Eingreiftruppe angeordnet. Diplomaten gehen davon aus, daß Ouattara, der in dieser Woche Berlin besucht, dann auch um den Einsatz deutscher Transall-Maschinen bitten wird.

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