© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

Wegweisungen
Ausstellung in Berlin: Impressionismus und Klassische Moderne
Fabian Schmidt-Ahmad

Mit einer letzten Ausstellung als Glanzlicht endet die fünfzehnjährige Zusammenarbeit zwischen Deutscher Bank und Guggenheim Foundation. „Visions of Modernity. Impressionismus und Klassische Moderne in den Sammlungen der Guggenheim Foundation“ versammelt große Namen der Kunstgeschichte im Berliner Ausstellungssaal: Werke der Künstler Paul Cézanne, Vincent van Gogh finden sich unter den New Yorker Gästen ebenso wie die von Pablo Picasso, Marc Chagall, Wassili Kandinsky, Henri Rousseau, Amedeo Modigliani, Joan Miro, Franz Marc und anderen, welche die Ausstellung, die sich auf einen einzigen Saal beschränkt, zum Sprint durch die Moderne machen.

Zugleich erlebt man das Gespür für gute und wegweisende Kunst, das einen herausragenden Sammler ausmacht. 1937 gründete der Industrielle Solomon Guggenheim in New York eine Stiftung für seine Sammlung von Kunstwerken der heutigen Klassischen Moderne, die durch nachfolgende leidenschaftliche Kunstsammler immer mehr erweitert wurde. Mit welch glücklicher Hand das geschah, beweisen die Exponate, welche den Weg nach Berlin gefunden haben. Auf die oft aufwendige Ausstellungsgestaltung, sonst typisch für das Guggenheim-Museum, wurde dabei verzichtet. Schon Solomons Nichte Peggy Guggenheim ließ in den dreißiger Jahren Ausstellungsräume schwarz streichen, um die Leuchtwirkung der Bildfarben noch stärker zur Geltung zu bringen. So präsentieren sich die versammelten Werke diesmal vor nüchternem Weiß, was den distanzierten Charakter zu diesem Überblick unterstreicht.

Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehört zweifelsohne das kraftvolle, vom neunzehnjährigen Picasso geschaffene Gemälde „Le Moulin de la Galette“, das in Bildgegenstand, dem wohlgefüllten Tanzsaal des berühmten Restaurants auf dem Pariser Montmartre, und in Handschrift eine deutliche Nähe zu Henri Toulouse-Lautrec zeigt. Daß daneben Henri Rousseaus reizvolles Bild „Die Artilleristen“ hängt, deren naiv anmutendes Gruppenporträt in Ausdruck und Komposition zeitgenössischer Fotografie verpflichtet ist, paßt in den Kontext. Picasso schätzte die unkonventionelle Malerei des Zöllners, dem er 1908 in seinem Atelier ein Bankett ausrichtete, an dem die bis dato noch unbekannten Montmartre-Künstler teilnahmen, die später die Kunst ihrer Zeit repräsentieren sollten.

Gemeinsames Streben nach neuen Ausdrucksformen, verursacht durch das sich immer stärker ausprägende Individualbewußtsein, führte in dem Zeitraum ab ungefähr 1880 bis in die dreißiger Jahre hinein zu künstlerischen Richtungen der unterschiedlichsten Art: Impressionismus, Expressionismus, Kubismus, Orphismus, Fauvismus, Neue Sachlichkeit, Dadaismus, Abstrakte differenzierten sich in immer rascherer Folge aus. Man bewegte sich zwischen den Polen von konsequenter Abstraktion und Gegenständlichkeit, Sachlichkeit und lyrischer Verinnerlichung. Auch bei den wenigen Plastiken von Edgar Degas, Alexander Calder, Ewald Mataré, Constantin Brâncusi bekommt der Besucher eine Ahnung von den vielfältigen gestalterischen Entdeckungen dieser hochkonzentrierten Zeit.

Im Faltblatt zur Ausstellung benennen die Veranstalter die Akquisitionen für die Sammlung: der umfangreiche Bestand expressiver Kunst des Galeristen Karl Nierendorf (1889–1947), die einmalige Sammlung mit surrealistischen Gemälden und Skulpturen von Peggy Guggenheim (1898–1979), das Spektrum impressionistischer und post-impressionistischer Meisterwerke des Kunsthändlers und Sammlers Justin K. Tannhäuser (1892–1976), die maßgeblichen Vermächtnisse der Visionärinnen Katherine S. Dreier (1877–1952) und Hilla Rebay (1890–1967).

Für die gezeigte Ausstellung seien die individuellen Zusammenstellungen dieser sechs Kunstenthusiasten vereint worden, um die Geschichte künstlerischer Innovationen von den 1880ern bis in die 1930er Jahre zu erzählen.

Dieses Ziel ist voll erreicht.

Die Ausstellung „Visions of Modernity. Impressionismus und Klassische Moderne in den Sammlungen der Guggenheim Foundation“ ist in Berlin bis zum 17. Februar im Deutschen Guggenheim Museum, Unter den Linden 13/15, täglich von 10 bis 20 Uhr zu sehen. Telefon: 030 / 20 20 93-0

www.deutsche-guggenheim.de

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