© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

Kein Wort vom Saarland
Arte bringt eine deutsch-französische „Festwoche“ aus Anlaß der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags vor 50 Jahren
Detlef Kühn

Am 22. Januar 1963 unterzeichneten der französische Präsident Charles de Gaulle und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. Das Jubiläum wird vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit vielen Beiträgen gewürdigt. Von zentraler Bedeutung ist eine Dokumentation von SWR, Arte und der ARD, die sich vor allem der kriegerischen Vorgeschichte der deutsch-französischen Beziehungen seit 1870/71 widmet. Außerdem zeigt sie das Verhältnis der beiden Protagonisten, die sich erst1958 zum ersten Mal persönlich begegneten. Dadurch wird der Film emotional. Erfreulicherweise wird von einseitigen Schuldzuweisungen zu Lasten Deutschlands weitgehend abgesehen.

Dennoch ist der Film als Lehrmittel für Zeitgeschichte eher ungeeignet. Da die letztlich gelungene Überwindung der beiderseitigen „Erbfeindschaft“ nur als eine Frage der Moral, des gegenseitigen Kennenlernens und der gemeinsamen Kultur dargestellt wird, fallen politische und wirtschaftliche Fragen fast völlig unter den Tisch. Das politische Umfeld und die Machtverhältnisse im Europa der Nachkriegszeit werden nicht behandelt, obwohl sie für beide Seiten sicherlich eine Rolle spielten. So werden weder die französischen Bestrebungen zur Abspaltung des Saarlandes behandelt, noch die fragile Lage Berlins im Ost-West-Konflikt, in dem es für die westdeutschen „Atlantiker“ in Bonn durchaus ratsam sein konnte, nicht einseitig auf die französische Karte zu setzen. De Gaulle hatte schließlich ernste Probleme mit Amerikanern und Engländern.

Die Teilung Deutschlands wird ebensowenig erwähnt wie die weitere Entwicklung in Europa. Allgemein wird von einem „großen, starken Europa“ gesprochen, das wünschenswert sei. De Gaulle verstand darunter bekanntermaßen ein „Europa der Vaterländer“. Eine Vokabel, die in der Dokumentation leider nicht auftaucht.

De Gaulle und Adenauer. Dokumentation

Arte: 20. Januar, 15.50 Uhr; 22. Januar, 21.05 Uhr; Arte, 26. Januar, 11.15 Uhr

ARD: 21. Januar, 23.30 Uhr

SWR: 24. Januar, 22.30 Uhr

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