© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/13 / 25. Januar 2013

Versicherer müssen Kunden Milliarden zurückzahlen
Schlechte Aussichten
Matthias Görtz

Acht von zehn Kunden kündigen ihre Lebensversicherung vor Ende der Laufzeit und bekommen so nur einen Teil des angesparten Geldes zurück. Das war gut für die Versicherungen und Vermittler, aber schlecht für die Versicherten. Das Oberlandesgericht Stuttgart verdonnerte die Assekuranzen nun zu höheren Rückzahlungen, die sich auf mehrere Milliarden Euro summieren.

Doch dieses Urteil wird für unsere Politiker nur Anlaß sein, sich um so mehr für die parteispendenfreudige Finanzbranche ins Zeug zu legen. Erst kurz vor Weihnachten wollte die Bundesregierung die Lebensversicherer von ihrer Ausschüttungspflicht befreien (JF 52/12). Die Verordnung wurde angesichts des Wahljahres 2013 aber vom Bundesrat vorerst gestoppt. Das Problem bleibt aber, denn der Garantiezins, der bei Vertragsabschluß versprochen wurde, ist derzeit kaum zu erwirtschaften. Anlagen, die über einen längeren Zeitraum sichere Renditen abwerfen, sind Mangelware. Daher wird die Rendite von Lebensversicherungen, Riester-Rente & Co. noch weiter sinken. Die niedrigen Zinsen sind das Hauptproblem, denn etwa 80 Prozent der Kapitalanlagen sind in Geldmarktpapiere investiert. Angesichts der Euro-Krise und der hohen Verschuldung hält die Europäische Zentralbank die Zinsen unter der Inflationsrate. Das billige Geld soll den Verschuldungskreislauf am Leben erhalten und eine schleichende Entschuldung ermöglichen – zu Lasten der Sparer.

Schmerzhaft ist das vor allem für jene, die das Märchen von den tollen privaten Altersvorsorgeprodukten für bare Münze nahmen. Doch die staatlich subventionierte Vorsorge-Illusion muß unbedingt aufrecht erhalten werden: Der Staat braucht die Versicherer als Abnehmer seiner Schuldverschreibungen, die Finanzindustrie braucht das Altersvorsorgegeld für ihren Kasino-Kapitalismus. Daher ist allerspätestens nach der Bundestagswahl mit einer gesetzlichen „Korrektur“ des verbraucherfreundlichen Urteils aus Stuttgart zu rechnen.