© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/13 / 01. Februar 2013

Geschicktes Verhandeln senkt Zinsen
Finanzierung: Wie Mittelständler leichter und schneller an bessere Kredite kommen / Nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit und Rating hauptentscheidend
Markus Brandstetter

Die meisten Fehler, die ein Unternehmer macht, kann er wieder rückgängig machen. Das mag Zeit und Geld kosten, aber in der Regel gelingt es: Der miese Mitarbeiter wird entlassen, der schlechte Firmenwagen verkauft, der Bürostuhl mit computergesteuerter Massagefunktion gegen einen normalen ausgetauscht und der Anwalt, der Prozesse verliert, durch einen kompetenten Kollegen ersetzt. Andere Entschlüsse sind jedoch nicht so leicht zu korrigieren.

Die falsche Firmenfinanzierung, ein schlechtes Kreditrating, die Herausgabe von Sicherheiten, die dann auf Jahrzehnte nicht mehr zurückkehren, oder gar die Kündigung der Betriebsmittellinie – das sind Entscheidungen und Ereignisse, die ein Unternehmer entweder gar nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten rückgängig machen kann. So viele Bücher es zu Themen wie Führung, Marketing oder Geldanlagen gibt, so wenige existieren zur Frage der Finanzierung im Mittelstand – und dabei ist die richtige Finanzierung die halbe Miete. Diese seit Jahren fühlbare Lücke schließt nun ein Buch, das dem Mittelständler erklärt, wie er bei Banken an Kredite kommt, wie er bestehende Kreditkonditionen verbessert, und wie er auch in Krisenzeiten den Kredithahn offen hält.

Der Autor Carl-Dietrich Sander war zuerst selbst zwanzig Jahre lang im Firmenkundengeschäft bei Banken tätig, seit 1998 berät er Mittelständler in Finanzierungsfragen. Er beherrscht sein Fach aus dem Effeff. Das Buch behandelt alle wichtigen Fragen der Bankfinanzierung bei kleinen und mittelständischen Unternehmen und nimmt dabei immer eine duale Perspektive ein: Zuerst wird erklärt, wie Banken intern ticken, dann erfährt der Unternehmer, wie er sich darauf einstellen kann. Diese Innensicht der Bank ist für Kreditkunden immens wichtig, denn seit dem Inkrafttreten von Basel II im Jahr 2007 sind Banken und Sparkassen nicht mehr das, was sie früher einmal gewesen sind: halbwegs gemütliche Kreditinstitute, wo ein Mittelständler mit vernünftigen Zahlen und einem einigermaßen soliden Geschäft auch immer einen Kredit bekam. So wie in der Mythologie vor dem Eingang zur Unterwelt der Hund Zerberus stand, so steht seit Basel II vor dem Kredit das Rating. Ohne ein ordentliches Rating bekommt ein Mittelständler entweder gar keinen Kredit mehr oder wenn, dann muß er dafür haufenweise Sicherheiten stellen und viel höhere Zinsen bezahlen als der Konkurrent mit der besseren Bonität. Sander, neun Jahre Vorstandsmitglied einer Volksbank, erklärt zuerst einmal wie Banken Kunden intern beurteilen („raten“) und wie eine Kreditentscheidung überhaupt zustande kommt.

Er sagt, was die Analyse der Jahresabschlüsse am Rating ausmacht (50 Prozent), nennt detailliert den Fragenkatalog zu den weichen Ratingfaktoren und zeigt schließlich die Warnsignale aus Sicht der Bank („unangekündigte Kontoüberziehungen – und wenn sie noch so kurz sind“). Er erklärt auch, daß die sogenannte nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit (KDF) neben dem Rating das A und O jeder Kreditentscheidung ist, woran die Bank ihre Entscheidung festmacht (am freien Nettozufluß liquider Mittel/Cash-flow) und wie ein Unternehmer seine KDF entscheidend verbessern kann.

Zwei ganze Kapitel sind den wichtigen Themen der Kreditunterlagen und der Sicherheiten gewidmet. Durch regelmäßige, ehrliche und umfassende Berichterstattung (Quartalsberichte, Planungen, Soll-Ist-Vergleiche) können Unternehmen nämlich nicht nur ihr Rating deutlich verbessern, sondern sie sorgen auch noch dafür, daß die Bank sie in schlechten Zeiten nicht im Stich läßt. Über Kreditsicherheiten wird immer wieder heiß diskutiert. Unternehmer bewerten ihre Sicherheiten hoch, Banken niedrig. Kreditnehmer wollen wenige Sicherheiten für möglichst kurze Zeit herausgeben, Kreditgeber das Gegenteil. Hier führt der Autor überzeugend aus, wie durch kluge Gesprächsvorbereitung Mittelwege gefunden werden, die beide Seiten weiterbringen.

Fazit: Ein unspektakuläres, aber notwendiges Buch, dessen gründliche Lektüre sich für jeden Mittelständler lohnt und marktschreierisch angepriesene Trendbücher um Längen schlägt.

Carl-Dietrich Sander: Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln. NWB Verlag, Herne 2012, broschiert, 368 Seiten, 34,80 Euro

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