© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/13 / 08. Februar 2013

„Hört endlich auf, euch zu schämen“
Bonn: Geert Wilders warnt Deutsche vor Islamisierung
Henning Hoffgaard

Irgendwann sind sie dann endlich da. Die Sprengstoff-Spürhunde der Bonner Polizei schnüffeln an jedem Rucksack und an jeder Tasche. Fündig werden sie nicht. Die Gäste können weitergehen. Solch strenge Sicherheitsmaßnahmen gibt es in Deutschland nicht einmal bei der Kanzlerin. Bei Veranstaltungen des niederländischen Islamkritikers Geert Wilders sind sie Standard. Seit Jahren wird der Politiker von Islamisten bedroht. Mehrere Fatwas fordern unmißverständlich seinen Tod.

Ausgerechnet nach Bonn hatte die Bürgerbewegung Pax-Europa den Niederländer am vergangenen Wochenende eingeladen, um ihm den Hiltrud-Schröter-Freiheitspreis zu verleihen. Die Stadt am Rhein gilt spätestens seit den Islamistenkrawallen im letzten Jahr, bei denen zwei Polizisten durch Messerstiche schwer verletzt wurden, als Hochburg der Salafisten in Deutschland: An den Bahnhofskiosken finden diese wie selbstverständlich arabischsprachige Zeitungen, in der Innenstadt verteilen zwei junge Moslems unter den wachsamen Augen eines Aufsehers den Koran an die wenig interessierten Bonner.

Stürzenberger schlägt  radikale Töne an

„Hier kann man den Herzschlag des tatsächlichen Deutschlands erfühlen. Dieser Herzschlag zeigt, daß Deutschland in einem schlechten Zustand ist“, sagt Wilders über „die Hauptstadt der Salafisten“. Die knapp dreihundert Zuschauer applaudieren lautstark. Deutschland, die Niederlande und ganz Europa litten unter demselben Problem: die Islamisierung. Der Niederländer spricht ruhig abwägend und läßt trotzdem keinen Zweifel daran, daß er im Islam die größte Bedrohung der Freiheit auf der Welt sieht. Den Gästen im streng abgeschotteten Hotel Maritim spricht er damit aus der Seele. Wilders beschreibt eine „Kultur der Gewalt“, in der junge Migranten Jagd auf einheimische deutsche Staatsbürger machen, spricht von Überlegungen deutscher Politiker, die Scharia einzuführen, und warnt vor dem völligen Verlust der Meinungsfreiheit. Doch auch andere Töne finden sich. So sagt der Islamkritiker, der bis vor kurzem noch die niederländische Regierung gestützt hatte, auch, die meisten Moslems seien moderat. Diese Moderaten, ergänzt er, „sind die Gefangenen des barbarischen Systems des Islamofaschismus“. Für die Deutschen hat er eine Botschaft mitgebracht: „Hört endlich auf, euch zu schämen!“ Das Überleben der Nationalstaaten müsse erkämpft werden. In Deutschland, den Niederlanden und Europa.

„Die Faschismuskeule funktioniert nicht mehr“, sagt ein Zuschauer nachdenklich. „Wir stehen fest an der Seite Israels. Nazis würden so etwas ja nie sagen.“ Nur der Ruch des Radikalen müsse endlich verschwinden. Davon zumindest hält der Moderator der Veranstaltung, Michael Stürzenberger, offenbar wenig. Der ist Landesvorsitzender der Partei „Die Freiheit“ in Bayern und offenbar ein Freund großer Worte. „Wir wollen den Islam bekämpfen, bis wir sterben“, ruft er und hält dabei demonstrativ ein Exemplar des Korans hoch. Die ganze Welt müsse vom Islam befreit werden. Wie er das anstellen will, verrät er nicht.

Ein Thema bewegt die Anwesenden und Redner dabei ganz besonders. Eigentlich wollte Wilders an diesem Tag die deutsche Version seines Buches „Marked for Death: Islam’s War Against the West and Me“ vorstellen. Eigentlich. Der Chef des HJB-Verlages, Hansjoachim Bernt, hatte die Veröffentlichung jedoch wenige Tage zuvor abgesagt. Für viele der Zuhörer ist das ein Skandal. „Eingeknickt“ sei er, wird moniert. Es fallen Wörter wie „Feigling“ und „Angsthase“. Wilders selbst spricht von „Zensur“. Die deutsche Übersetzung habe nichts mehr mit der Wahrheit zu tun und das Buch völlig verändert, kritisiert er.

Bernt, der unter anderem die teilweise indizierte okkulte Science-fiction-Reihe „Stahlfront“ verlegt hat, kann über solche Vorwürfe nur den Kopf schütteln. Ruhig sitzt er in seinem Büro und geht seinen E-Mail-Eingang durch. Ein paar Dutzend erboste Nachrichten habe er nach der Absage bekommen, sagt er. Die Naivität der meisten Zuschriften machte ihn fassungslos. „Es ist eine undankbare Aufgabe, Statthalter der Justiz zu spielen“, sagt er. Es sei nie von Dank gekrönt, Leuten wie etwa den Lesern des islamkritischen Internetblogs „Politically Incorrect“ klarzumachen, daß es einfach nicht ging. „Ich bin doch keiner der Anti-Islam-Fighter, ich bin Verleger.“ Fast 40.000 Euro habe ihn das Projekt gekostet. Gleich drei Anwaltsgutachten wurden für das Wilders-Buch in Auftrag gegeben, erzählt er und zeigt auf einen Stapel Papier. Die Aussage sei in allen gleich gewesen. Eine Veröffentlichung sei mit dem Volksverhetzungs-Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches unvereinbar gewesen. Mit Wilders selbst habe er nie sprechen können. „Alles ging immer nur über sein Büro.“ Auf persönliche Nachrichten habe der Niederländer nie geantwortet. Knapp 700 Passagen habe er mit Blick auf das deutsche Recht umschreiben müssen. „Wenn man dort das Wort ‘Moslems’ durch ‘Juden’ ersetzt, bekommt man einen Eindruck vom roten Faden, der das Buch durchzieht.“

Das ihm von Islamkritikern nun sogar vorgeworfen werde, die Polizei über die geplante Buchveröffentlichung zu informieren, mache ihn wütend. „Ich bin Geschäftsmann. Ich habe eine Verantwortung für meine Mitarbeiter.“ Der Mietvertrag seines Verlages in Radolfzell wurde bereits gekündigt. „Ich war wohl zu naiv“, sagt Bernt ruhig. Nun will er selbst ein Buch schreiben: „Von einem der auszog, Geert Wilders zu verlegen“. Material dürfte er dafür nun genug haben.

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