© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/13 / 08. Februar 2013

Flirten ist wie Einkaufen
Hier kann Mann den eigenen Marktwert testen: Der Weg ins Bett einer Frau führt über deren Warenkorb
Toni Roidl

Ich sah dich im Bus, traute mich aber nicht, dich anzusprechen ...“ Die Kontaktanzeigen lokaler Blätter sind voll mit gescheiterten Flirtversuchen. Kennenlernen klappt nicht mehr, dafür wird heute „gedatet“. Früher ging man zwecks Eheanbahnung in die Disco, in den Park oder ins Freibad – heute ins Internet. Zahllose Online-Angebote versuchen gehemmte Singles durch „Speed-Dating“, „Dinner-Dating“ oder „Blind-Dating“ in Paare zu verwandeln. Ein Grundübel solcher Dienste ist, daß sich auf solchen Partnersuch-Portalen meist wenige Frauen, aber viele Männer herumtreiben, die durch ihr rustikales Benehmen die wenigen Frauen auch noch verscheuchen.

Frauen sind „Shopaholics“, Männer schlicht „Produkte“

Einen Ausweg hat der Betreiber Affinitas aus Berlin-Kreuzberg mit einem neuen Damenwahl-Konzept gefunden: Bei „Shopaman“ flanieren die Besucherinnen durch die Galerien mit Männerangeboten und legen den Kerl ihrer Wahl einfach in ihren Warenkorb. Entsprechend heißen die Frauen hier „Shopaholics“ und die Männer schlicht „Produkte“.

In der Anleitung heißt es: „Ladies, Shopaman verbindet Männer und Shopping! Packt einfach eure Lieblingsprodukte, also die heißen Typen, in euren Einkaufswagen. Für die Herren mag es unverschämt klingen, als Ware betrachtet zu werden. Seht es als Chance! Zeigt eure Schokoladenseite und entwickelt euch vom Ladenhüter zum Kassenschlager.“ Um nicht als B-Ware auf der Resterampe zu versauern, können die Männer zu ihrem Profil ausgefallene oder romantische Vorschläge fürs erste Treffen machen.

Das gesamte Portal ist auf weibliche Kundschaft ausgerichtet, wie man schon am rosafarbenen Tapetenmuster der Seiten erkennt. Ausschließlich die Frauen bestimmen, welcher Mann sie kontaktieren darf. Das nimmt den Frauen allerdings auch den Reiz, die Umworbene zu sein.

Obwohl niemand gezwungen wird, sich auf diesem Fleischmarkt anzubieten, dauerte es nicht lange, bis beim Werberat Beschwerden wegen Diskriminierung eingingen. „Dem Unternehmen wird vorgeworfen, Männer zu diskriminieren“, sagt Werberatssprecher Volker Nickel. Was könnte für einen Mann diskriminierender sein, als die Inschutznahme vor weiblicher Diskriminierung?!

Affinitas-Geschäftsführer Lukas Brosseder wehrt sich und erklärt, es handle sich bei dem Konzept um Ironie und Humor, der dazu diene, die bierernste Welt der Partnersuche aufzulockern. Schließlich, so Brosseder, richte sich das Portal „an alle Singles, die sich und die Welt nicht zu ernst nehmen“. Das sollen vor allem 18- bis 35jährige urbane Frauen sein. „Wie der Betreiber einer Szenebar“ setzt Brosseder darauf, daß die Männer gerne dahin kommen, wo diese Frauen gerne sind. Nach einigen wieder eingestellten Projekten ist Shop­aman nun das beste Pferd im Stall der eDarling-Gruppe, die Brosseder 2008 gemeinsam mit dem Betriebswirt David Khalil gründete.

Die Ernstnehmer, die dem Angebot Diskriminierung vorhalten, hätten die Beiträge der Blog-Autorinnen auf shop­aman.de lesen sollen. Dort rechnen die Damen wortgewaltig mit „Leidensmännern mit weibischem Verhalten“ und Schwachsinn wie „polyamourösen Partnerschaften“ ab. Bloggerin Mimi weiß auch, wer der Frauenwelt das alles eingebrockt hat: „Der Feminismus! Was als gerechtfertigte Identitätsfindung begonnen hat, wurde zum blöden Verlangen nach Mitbestimmung am Wesen des Mannes.“ Von Frauen, die so denken, können sich Männer auch bedenkenlos „shoppen“ lassen.

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