© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/13 / 15. Februar 2013

Haltungsnote
Verliere nie die Lektion
Christian Rudolf

Schlimmer Gast, der den Wirt vertreibt, weiß der Volksmund. Wie wahr. Viel Lehrgeld in Sachen „Trau, schau, wem“ mußten kürzlich der Hamburger André T. und seine Mutter Veronika zahlen. Der blasse Junge in dem Camouflage-T-Hemd ließ am Freitag abend eine Party steigen, wie man das halt so macht, wenn man 19 ist: Ein halbes Dutzend Kumpels einladen, Bier und Sekt in Menge ausschenken, Stereoanlage mit CDs füttern und ordentlich aufdrehen. Schon ist die Stimmung gut. Mutter Veronika (43) gehörte dazu: „Wir wollten einfach Spaß haben“, sagte die Hausfrau.

Der verging ihnen bald. Unter den geladenen „Freunden“ des Hauses war auch Salih K., ein wegen Raub und Körperverletzung aktenkundiger Intensivtäter. Als bereits alles in vollem Gange war, zog sich der 17jährige zum Telefonieren ins Treppenhaus zurück. Keiner hörte sein Klingeln, als er in die Wohnung zurückwollte. Die „Mucke“ dröhnte noch durch die geschlossene Tür.

Laut Angaben von André habe der in große Wut geratene Südländer wie ein Verrückter gegen die Tür gehämmert. „Ich öffnete und fragte ihn, warum er das macht. Da beschimpfte er mich“, sagte André später. Ein Wort gab das andere. In die Prügelei schritt schließlich die Mutter ein. Mitteleuropäische Umgangsformen durchaus verachtend, schnappte sich Salih ein Sektglas und stieß es der Schlichtenden in den Hals, den Sohn erwischte er noch am Ohr. Alsdann machte er auf dem Absatz kehrt und suchte ob des vergossenen Blutes das Weite. Die für ihre Gastfreundschaft mit schweren Schnittverletzungen Belohnten fuhr der Notarzt mit Blaulicht ins Krankenhaus.

Wenn du verlierst, so verliere nie die Lektion, heißt es in den Lebensregeln des Dalai Lama: „So schnell laden wir erst einmal keinen mehr zu uns ein“, resümiert Mutter Veronika mit verbundenem Kopf.

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