© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/13 / 01. März 2013

Grüße aus Rom
Abschied im Vatikan
Paola Bernardi

Rom erlebte die letzten Tage des Pontifikats von Benedikt XVI.. Gleichzeitig mischt sich in diesen unerwarteten Abschied eines noch lebenden Pontifex die spannungsvolle Erwartung auf die kurz bevorstehende Wahl des Nachfolgers.

Eine seltsame Glocke von Trauer, Resignation und Neugierde hängt über Rom. Ein Pilgerheer strömt durch die Stadt. Hunderttausende drängen täglich in Richtung Petersdom. Die Prachtstraße von der Engelsburg hin zum Peterdom, die Via della Conciliazione, ist teilweise gesperrt.

Der Verkehr um den Vatikan bricht immer wieder zusammen. Und das, obwohl die Stadt Rom vier bis fünf Millionen Euro aufgewendet hat, um die Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Vatikan wurden verschärft. Aber nicht nur Pilger und Touristen kommen nach Rom, sondern auch eine Invasion von Bettlern überschwemmt die Ewige Stadt. Sie liegen kniend und jammernd vor Kirchenportalen. Man hat den Eindruck, Szenen wie im Mittelalter zu erleben, wie man sie aus fernen Reiseberichten kennt. Von Frömmigkeit keine Spur.

Kilometerlang wand sich die Schlange der Gläubigen um den Petersplatz. Kurzpilgerreisen aus aller Welt wurden angesetzt, um die Gläubigen und Touristen nach zu Rom bringen. Alle Hotels sind ausgebucht, vor allem die Terrassen wurden von den internationalen TV-Stationen gemietet. Die Souvenirläden haben längst ihr Sortiment nur auf Papst Benedikt XVI. ausgerichtet.

Keiner schämte sich mehr öffentlich seiner Abschiedstränen. So sah man einen gerührten ehemaligen italienischen Staatssekretär Gianni Letta in Großaufnahme, der öffentlich weinte.

Zu plötzlich und überraschend kam dieser Abschied. Nun war für kurze Zeit der Papst wieder im Vordergrund aller Gedanken, Überlegungen und Gespräche. Auch Leute, denen der Pontifex bisher gleichgültig gewesen war, sprachen von ihm wie von einem nahen Verwandten.

An diesem Donnerstag läuteten ab 17 Uhr die Glocken von Rom und Albano, als der Hubschrauber sich mit dem Papst aus dem Vatikan erhob und nach Castel Gandolfo flog. Als er in der Sommerresidenz landete, entstieg ihm der „Mönch Benedikt“. „Auch wenn ich mich zurückziehe, bin ich im Gebet immer nah bei Euch, selbst, wenn ich für die Welt verborgen bleibe“, so versprach es der Papst Benedikt XVI.

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