© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Die Rettungsfusion
„Frankfurter Rundschau“: Die „FAZ“ übernimmt die FR und verfügt jetzt über ein regionales Monopol
Klaus Peter Krause

Die lange Zeit der Ungewißheit ist vorbei. Die Tageszeitung Frankfurter Rundschau (FR) wird es weiterhin geben. Für ihre Leser ist das eine gute Nachricht. Für die Belegschaft gilt das nicht unbedingt: Die meisten bisherigen FR-Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz.

Wie aus Verlagskreisen zu erfahren war, äußerte einer der FAZ-Herausgeber auf einer Gesamtredaktionskonferenz, die „rote Linie“ für die Weiterführung der Rundschau sei, wenn diese weiterhin Verluste produziere. Eine Quersubventionierung durch die FAZ sei ausgeschlossen.

Übernommen wurde die FR im Wege einer sogenannten Sanierungsfusion von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung GmbH (FAZ) und der Frankfurter Societät GmbH (FS). Eine solche Fusion ist nur dann möglich, wenn es keine (ernsthaften) anderen Interessenten gibt.

Beide Unternehmen haben die Verlags- und Redaktionsgesellschaft „Frankfurter Rundschau GmbH“ gegründet. Die FR wird von der neuen Gesellschaft herausgegeben, die ihre Unabhängigkeit sichern soll. An dieser Gesellschaft ist die FS mit 55 Prozent, die FAZ mit 35 Prozent beteiligt. Die restlichen 10 Prozent sind für die Karl-Gerold-Stiftung vorgesehen. Wie FAZ und FS mitgeteilt haben, „garantiert die Gerold-Stiftung mit ihrer Stiftungsverfassung auch die Ausrichtung der Frankfurter Rundschau als unabhängige, linksliberale Tageszeitung“.

Benannt ist diese Stiftung nach dem ersten FR-Verleger Karl Gerold. Gegründet wurde sie 1975, zwei Jahre nach Gerolds Tod. Über lange Jahre ist sie die alleinige Eigentümerin des Druck- und Verlagshauses Frankfurt gewesen, in dem die FR hergestellt wurde. Zuletzt gehörten ihr nur noch zehn Prozent. Die Hauptgesellschafter waren das Kölner Medienhaus M. DuMont Schauberg MDS (seit 2006) mit 50 Prozent und die SPD-Medienholding DDVG (seit 2004) mit zuletzt 40 Prozent.

Bitter ist die Insolvenz für die rund 450 bisherigen FR-Beschäftigten. Fast alle verlieren ihren Arbeitsplatz, übernommen werden nur 28 Redakteure, laut FAZ zu den Konditionen ihrer alten Verträge. Rund 50 Beschäftigte haben über Leiharbeitsfirmen für die FR gearbeitet. Gut 350 haben vom Insolvenzverwalter Frank Schmitt vergangene Woche Angebote für den Wechsel in eine dafür gegründete Transfergesellschaft erhalten. Dort sind sie für sechs Monate sozial abgesichert und können fortgebildet werden. Die FR-Druckerei in Neu-Isenburg (nahe Frankfurt) mit ihren rund 250 Beschäftigten wird stillgelegt. Gekündigte Druckaufträge im Januar, darunter von der Axel Springer AG, hatten die Finanzlage noch zugespitzt.

Vom 1. Mai an lassen die neuen Eigentümer die FR in der Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH (FSD) drucken, in der neben der FAZ auch die anderen Konzernblätter gedruckt werden. Die FS gibt auch die Tageszeitung Frankfurter Neue Presse (FNP) mit mehreren Regionalausgaben heraus.

Die 28 übernommenen Redakteure sollen zunächst die Stammredaktion sein. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit werde die Regionalberichterstattung sein. Die Mantelseiten werden vorübergehend von der DuMont-Redaktionsgemeinschaft geliefert. Der bisherige FR-Chefredakteur, Arnd Festerling, führe die Redaktion auch in der neuen Gesellschaft weiter, aber nur für eine Übergangszeit.

FS-Geschäftsführer Hans Homrighausen äußerte: „Wir glauben an die Zukunft der Marke Frankfurter Rundschau.“ Das Kartellamt konnte praktisch gar nicht anders, denn andere Erwerber als FAZ und FS waren nicht mehr da, und die FR wäre sonst untergegangen, die Meinungsvielfalt geschmälert und weniger Wettbewerb entstanden. Das Übernahmeangebot des türkischen Verlegers Burak Akbay hatte der Gläubigerausschuß, wie der Insolvenzverwalter mitteilte, als „nicht ausreichend“ bewertet und abgelehnt. Sein Unternehmenskonzept sei nicht tragfähig. Akbay verlegt in der Türkei die linksnationalistische Zeitung Sözcü mit einer Auflage von zuletzt 275.000 Exemplaren.

Die verkaufte Auflage der FR lag zuletzt bei 108.000 Exemplaren. Eigentlich sollte das reichen, um das Überleben einer Zeiutng zu sichern. Trotzdem war das Blatt seit Jahren in Schwierigkeit. Zeitweise hatte auch die Süddeutsche Zeitung Interesse an der FR bekundet, sich dann aber wieder zurückgezogen. Für die FAZ soll dieser Versuch des Erzrivalen, in Frankfurt Fuß zu fassen, eine Rolle gespielt haben.

Nun gibt es Bedenken, ob mit dieser Fusion die publizistische Meinungsvielfalt der Zeitungen im Rhein-Main-Gebiet nur vorgegaukelt wird. Dagegen spricht, daß der FR-Lokalteil weiterhin von den 28 FR-Redakteuren produziert wird. Sie werden die linksliberale Ausrichtung ihres Blattes nicht ändern.

Ein Interesse an einem Kurswechsel können auch die beiden neuen Eigentümer nicht haben, denn würde sie wirklich geändert, verlöre die FR gerade jene Leserschaft, die dieses Blatt wegen dieser Ausrichtung liest. Und daß sie in diesem Fall zur FNP oder FAZ wechseln würde, ist unwahrscheinlich. Und dann würde die Übernahme für beide ein Schuß in den Ofen. Die FAZ sei jedoch fest entschlossen, die Zeitung weiterzuführen und Gewinne damit zu erwirtschaften, heißt es aus Redaktionskreisen.

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