© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Aufgeschnappt
Stalins ganz langer Schatten
Matthias Bäkermann

Am Vorabend des 60. Jahrestages des Todes des Genossen Josef Wissarionowitsch Stalin ließ der geschäftsführende Vorstand der Linken mitteilen, daß die Partei sich dem Gedächtnis an die Stalinismusopfer nicht länger versperren will und auch am Haus ihrer Bundesgeschäftsstelle in Berlin künftig mit einer Gedenktafel auf die vom Jahrhundertverbrecher Ermordeten hinweisen will. Damit folge man der Anregung des kommunistischen Veteranenverbandes VVN/BdA, der bereits 2010 ein Erinnerungsmal forderte.

Laut Inschrifttext stehen aber nicht die Abermillionen im Fokus, die in den Massengräbern und Gulags zwischen Ostsee und Wladiwostok ihr Ende fanden, weil sie der mörderischen Ideologie Stalins im Wege standen. Betrauert werden ausschließlich „die Tausenden deutschen Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die in der Sowjetunion zwischen den 1930er und 1950er Jahren willkürlich verfolgt, deportiert und ermordet wurden“. Immerhin reicht dieser Schritt, der letztlich vergleichbar wäre, als würde man von den NS-Opfern nur der ermordeten Nationalsozialisten des „Röhm-Putsches“ gedenken, um die Wut der roten Betonköpfe zu reizen. So beklagen im ehemaligen SED-Zentralorgan Neues Deutschland viele Leserkommentare giftig, daß die Partei sich mit ihrer „Anbiederungstour“ nur „im Dreck umwälze“.

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