© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/13 / 15. März 2013

Für die Freiheit
Aufruf: 200 Jahre nach dem Beginn der Befreiungskriege gegen Napoleon wäre es an der Zeit, eine neue Tyrannis in Europa
abzuschütteln

An Mein Volk!

So wenig für Mein treues Volk, als für Deutsche, bedarf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt. Klar liegen sie dem unverblendeten Europa vor Augen. Wir erlagen unter der Uebermacht Frankreichs.

Der Frieden, der die Hälfte Meiner Unterthanen Mir entriß, gab uns seine Segnungen nicht; denn er schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen, die Hauptfestungen blieben vom Feinde besetzt, der Ackerbau ward gelähmt so wie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die Freiheit des Handels ward gehemmt und dadurch die Quellen des Erwerbs und des Wohlstands verstopft. Das Land ward ein Raub der Verarmung.

Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten hoffte Ich Meinem Volk Erleichterung zu bereiten und den französischen Kaiser endlich zu überzeugen, daß es sein eigener Vortheil sey, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber Meine reinsten Absichten wurden durch Uebermuth und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mußten. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung über unsern Zustand aufhört.

Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litthauer! Ihr wißt, was Ihr seit fast sieben Jahren erduldet habt; Ihr wißt, was euer trauriges Loos ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Erinnert Euch an die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, den großen Friedrich. Bleibt eingedenk der Güter, die unter Ihnen Unsere Vorfahren blutig erkämpften: Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft.

Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Russen; gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Selbst kleinere Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen. Erinnert Euch an die heldenmüthigen Schweizer und Niederländer.

Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden; denn unser Beginnen ist groß, und nicht geringe die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Ihr werdet jene lieber bringen für das Vaterland, für Euern angeborenen König, als für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren, Eure Söhne und Eure letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die Euch ganz fremd sind. Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Muth und der mächtige Beistand unserer Bundesgenossen werden unsern redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn gewähren.

Aber, welche Opfer auch von Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu seyn. Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen, für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand.

Keinen andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden, oder einen ruhmvollen Untergang. Auch diesem würdet Ihr getrost entgegen gehen, um der Ehre willen; weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag.

Allein wir dürfen mit Zuversicht vertrauen: Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm einen sicheren, glorreichen Frieden und die Wiederkehr einer glücklichen Zeit.

Breslau, den 17. März 1813. Friedrich Wilhelm.

Der Aufruf „An mein Volk“ des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. (oben) wurde am 20. März 1813 durch die Schlesische privilegirte Zeitung verbreitet. Verfaßt hatte den Text der Staatsrat Theodor von Hippel. Mit dem Aufruf gab ein preußischer König, ermuntert von seinen reformerischen Ratgebern (siehe Seite 23), „erstmals seinen Untertanen Rechenschaft über die Ursachen und Ziele des Krieges, betonte die Verbindung von König und Volk und sprach die Preußen zugleich als Deutsche an“, unterstrich der Historiker Peter Brandt. In der Folge dieses Aufrufs meldeten sich allein in Preußen rund 30.000 vorwiegend junge Männer zu den Waffen, um in den zahlreich entstandenen Freiwilligenverbänden gegen die Truppen Napoleons zu kämpfen.

 

Der Bundespräsident

Berlin, den 20. März 2013

An alle Deutschen!

Kein Deutscher und kein Europäer kann noch irgendeinen Zweifel haben, daß der vor uns liegende Kampf um die Wiedergewinnung unserer nationalen Souveränität notwendig und gerecht ist. Jeder ehrliche europäische Demokrat weiß: Geschwächt vom Trauma des verlorenen Krieges, hat sich unser Volk von gerissenen Eurokraten um sein vornehmstes Recht betrügen lassen: das Recht, seine eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln.

Der Euro, den sich kurzsichtige Politiker als Preis für die staatliche Einheit unseres geschrumpften Vaterlandes aufschwatzen ließen und der uns unsere teure, harte D-Mark entriß, hat uns keine der versprochenen Segnungen gebracht: Die Feste Bundesbank wurde geschleift und damit der Quell unseres Wohlstandes verstopft, unsere Parlamente wurden zu machtlosen Marionetten grauer Kommissare degradiert, die Ersparnisse unserer Bürger und die Früchte ihres Fleißes zur Ausplünderung freigegeben.

Und dennoch haben wir, in der wahnwitzigen Hoffnung auf ein Ende der Krise, mit übermenschlicher Geduld getreulich alles erfüllt, was man von uns verlangt hat, haben Milliarden und Abermilliarden geopfert, um den Euro zu retten, unersättliche Neider zu besänftigen und den Superstaat zu stabilisieren, haben wieder und wieder darauf gedrungen, doch die Verträge einzuhalten, mit denen man uns guten Glaubens unter die Hegemonie der Brüsseler Bürokraten gelockt hat, nur um wieder und wieder erkennen zu müssen, daß der Euro nichts anderes ist als ein zweites Versailles ohne Krieg, das die Völker entzweit und beraubt, statt sie zu einen und erblühen zu lassen. Jetzt aber ist das Maß voll und die Zeit der Illusionen vorbei. Der Betrug liegt schon lange offen zutage.

Deutsche in Nord und Süd, in Ost und West, öffnet die Augen! Werft die Last ab, die ihr schon viel zu lange tragt, um ein Trugbild am Leben zu erhalten! Sollen noch eure Kinder und Enkel weiterzahlen, damit staatliche Umverteiler und Finanzspekulanten von den Früchten eurer Arbeit sorgenfrei leben können? Wollt ihr euch weiter einreden lassen, zwölf düstere Jahre der Vergangenheit hätten euch zu diesem Los verdammt? Oder wollt ihr euer Schicksal wieder in die eigenen Hände nehmen und euch auf die Tugenden besinnen, die unser Land einst groß gemacht haben: Gewerbefleiß und Erfindergeist, Ehrlichkeit und Verläßlichkeit, Verantwortung und Freiheitsliebe.

Nehmen wir uns ein Beispiel an den kleinen Völkern Europas, den Esten, Finnen, Slowaken, in denen mutige Politiker aufstehen, um Eigentum und Unabhängigkeit zu verteidigen; und erweisen wir uns unserer Ahnen würdig, die vor 60 Jahren mit Fäusten, Steinen und Löwenherzen den Aufstand gegen eine waffenstarrende fremde Tyrannei gewagt haben.

Ohne Opfer zu bringen, werden wir die Freiheit nicht gewinnen können. Freiwillig werden die Herrschaften in Brüssel ihre gut gepolsterten Sessel und ihre angemaßte Vormundschaft über die Völker Europas nicht aufgeben; sie werden uns beschimpfen und verteufeln, und es wird uns alle viel Geld und Kraft kosten, den Euro und die Eurokraten abzuschütteln und einen souveränen Staat mit eigener Währung neu aufzubauen. Aber wir werden diese Opfer gerne bringen, weil wir sie für uns bringen und für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder und nicht für fremden Schlendrian und fremde Interessen.

Und überdies, noch größere Opfer stünden uns bevor, würden wir jetzt nicht handeln und den Weg in den Euro und den europäischen Superstaat bis zum bitteren Ende weitergehen. Nicht nur Geld, Gut und Wohlstand würden wir verlieren, sondern auch die Selbstachtung, und würden schließlich aufhören, Deutsche zu sein.

Deshalb gehen wir ruhig und entschlossen in die Auseinandersetzungen, die vor uns liegen. Schütteln wir die Schuldkomplexe ab, lassen wir uns nicht länger erpressen, lernen wir wieder den aufrechten Gang: Kein Volk kann auf Dauer in Demut und gebückter Haltung existieren.

Allen Anfeindungen trotzen wir in dem festen Bewußtsein, daß wir nicht die Feinde Europas und der Demokratie sind, sondern ihre Erneuerer, und daß die Völker Europas im Kampf gegen die Brüsseler Diktatoren an unserer Seite stehen. Indem wir unseren demokratischen Nationalstaat zurückgewinnen, schaffen wir das Europa der Vaterländer, das in Frieden, Freiheit und Wohlstand neuer Blüte entgegengeht.

Der Bundespräsident hat diesen Aufruf natürlich nicht verfaßt; weder der aktuelle (siehe Seite 8) noch einer seiner Vorgänger. Auch kein offizieller Redenschreiber aus dem Bundespräsidalamt steckt hinter dem Text. Selbst aus dem Hause Hohenzollern ließ sich kein Nachkomme Königs Friedrich Wilhelm III. erweichen, Preußen als Deutsche anzureden und gegen eine „alternativlose“ Fremdbestimmung aufzurufen. Der Text stammt nicht einmal von einem Preußen, sondern aus der Feder von JF-Autor Michael Paulwitz aus dem Schwäbischen. Bei diesem Appell zur Befreiung war also kein Staatsoberhaupt, sondern lediglich der Wunsch von Autor und JF-Redaktion Vater des Gedankens. Aber wenigstens die Gedanken sind ja bekanntlich frei.

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