© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

Zeitungskrise
Sterben als Chance
Martin Graf

Die Bundesrepublik ist Österreich bei vielen Entwicklungen zeitlich ein wenig voraus. Folglich dürfen wir hoffen, daß auch bei uns die eine oder andere Zeitung bald Insolvenz anmelden muß wie jüngst etwa die Frankfurter Rundschau. Vom Leser haben sich die „Mainstream“-Medien längst entfremdet. Die von ihnen vertretene Weltsicht wird immer schmaler. Abweichungen werden geächtet und mit dem Entzug des Prädikats „Journalismus“ geahndet.

Ob Euro-Krise oder Ausländergewalt: Bei den etablierten Zeitungen weiß heute jeder Journalist, wie er ein Thema anzupacken hat und was am Ende die Botschaft an den Leser sein muß. Dieser Berufsstand hat die „Political Correctness“ verinnerlicht wie kein anderer und ist zugleich Wächter und Antreiber dieses aus Zensur und Denkverboten gezimmerten Gesinnungsterrors.

Der unterdrückten Mehrheitsmeinung springt nun endlich der Markt helfend zur Seite und frißt die schwächsten Tiere der linken Herde. In ihrer Verzweiflung scharen sich die Verbliebenen noch dichter um die herrschende Politik, die ihrerseits höchstes Interesse daran hat, daß die Medien ihre Macht zementieren und jede an den Leitgedanken der PC rüttelnde Opposition in Grund und Boden schreiben.

Die wirtschaftliche Schwäche der Zeitungen öffnet den staatlichen Stellen in Österreich Herz und Geldbeutel derzeit besonders weit. Im letzten Quartal 2012 flossen 65 Millionen Euro für Inserate aus dem öffentlichen Sektor. Im Vorquartal, in dem die Summe aufgrund eines neuen „Transparenzgesetzes“ erstmals erhoben wurde, waren es nur 37 Millionen. Daß Politik und Medien ihr schmutziges Spiel nun vor aller Augen treiben müssen, führt also keineswegs zur Enthaltsamkeit. Die Dreistigkeit der Zeitungsherausgeber, dazu noch eine Verfünffachung der staatlichen Förderung von 10 auf 50 Millionen pro Jahr zu fordern, stößt bei der ebenso verlotterten Regierung auf offene Ohren.

Kaum ein strauchelndes Blatt, das es wert ist, ihm eine Träne nachzuweinen. Das Zeitungssterben verringert die Meinungsvielfalt nicht, es reduziert nur die Zahl derer, die mit Einheitsjournalismus Geld verdienen. Und vielleicht entsteht dadurch endlich Raum für Neues – abseits der ausgetrampelten Pfade.

 

Dr. Martin Graf ist FPÖ-Politiker und seit 2008 Dritter Präsident des österreichischen Nationalrats.

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