© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

Grüße aus Wien
„Seids ned deppad!“
Michael Howanietz

Wenn es um prestigeträchtige Großprojekte geht, sagt der Wiener gern auch einmal: „Seids ned deppad“. Das war bei der Volksbefragung um den Neubau eines Konferenzzentrums bei der Uno-City so oder dem überwältigen Nein zur Ausrichtung der Expo-Weltausstellung. Nun hat die SPÖ Wien mit einer Volksbefragung zwar nicht den Vogel, immerhin aber den olympischen Geist vom Himmel geholt.

Die Frage, ob Wien sich für Olympische Spiele bewerben solle, wurde von der überwältigenden Mehrheit abgelehnt. Daß die Wiener Gemeindebauten nicht privatisiert werden sollen, wußte man bereits vor dem auch hier eindeutigen Bevölkerungsvotum. Und die Frage zum „Parkpickerl“, das in den meisten Bezirken längst teure Stadtrealität ist, wurde zu Recht als Verhöhnung gewertet. Denn um eine Abschaffung oder Verbilligung der Parkerlaubnis ohne Parkplatzgarantie ging es nicht. Es wurde lediglich erfragt, ob die Verwaltung künftig zentral oder in den Bezirken erfolgen solle.

Auch bezüglich einer möglichen Privatisierung von Gemeindebauten nahm die SPÖ die Antwort vorweg. In den Bezirksvertretungen wurden im Vorfeld Anträge eingebracht, die, wo vorhanden mit absoluter SPÖ-Mehrheit, eine Privatisierung ablehnen. Eine richtige und mehrheitsfähige Positionierung, aber eben auch eine Entmündigung der Wiener. „Ich laß mich doch nicht frotzeln!“ war deshalb auch eine gängige Ablehnungsformel.

Der Wiener leidet mitunter am legendären Nörgelzwang, keinesfalls an eingeschränkter Vorstellungskraft. Eine Skiabfahrt im rund 500 Meter hohen Kahlengebirge oder Schwimmwettbewerbe im, trotz Renovierung, lecken Stadthallenbad sprengen aber die Grenzen seiner Phantasie.Die sieben Millionen Euro teure Befragung endete demnach mit einer deutlichen Abfuhr für die SPÖ und ihren Versuch, einen direktdemokratischen Versuchsballon zu starten.

Der kleine Regierungspartner hatte indes andere Probleme. Anläßlich des Weltfrauentages hatten die Grünen Plakate ausgehänkt, auf denen männliche Spitzenpolitiker verweiblicht worden waren. Sie mußten umgehend abgenommen werden. Nicht weil sich einer der Herren über seine haarige oder textile Adaption mokiert hätte, sondern aufgrund eines peinlichen Versäumnisses.

Auf den Dreiecksständern hatten die entsprechenden Aufkleber des Magistrats gefehlt.

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