© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

„Zypern ist nur ein Testfeld“
Vorsorge: Ein Kongreß in Fulda analysierte die Folgen der Finanz- und Euro-Krise für den Mittelstand / Gold und Acker statt Geld und Aktien
Jörg Fischer

Das ist für uns ein finanzieller Völkermord“, beklagte sich Philokypros Andreou, der Chef der Industrie- und Handelskammer von Limassol (Ewel), in der Welt über die Entscheidung der Euro-Finanzminister, die Sparkonten des griechischen Teils von Zypern teilweise zu enteignen. „Im türkischen Norden sollte sich niemand freuen, daß der griechische Süden gerade dabei ist, unterzugehen“, warnte daraufhin das türkische Blatt Kıbrıs Postası – und daß auch die Deutschen allen Grund haben, mit Sorge auf die Insel der Götter zu schauen, war Tenor eines Seminars zum Thema „Existenzsicherung in Systemkrisen“ voriges Wochenende in Fulda.

„Wie lange wird der Schwindel noch weitergehen?“ fragte der Veranstalter Sven Hermann in seiner Auftaktrede. Die Antworten der acht Referenten fielen allerdings unterschiedlich aus. Daß die Deutschen – auch im Hinblick auf die neue „Wahlalternative“ – auf jeden Fall bis nach der Bundestagswahl ruhiggestellt werden, war Konsens. Ob die „Finanzinstrumente“ drei oder sogar zehn Jahre weiterspielen, war strittig.

Claus Vogt, Chefanalyst der Quirin Bank, sieht angesichts des „Gelddruckmaschinenkults“ noch „einige spannende Jahre vor uns“. Von den hohen Aktienkursen solle sich niemand blenden lassen, denn ein Großteil der Unternehmensgewinne sei praktisch durch Staatsverschuldung finanziert worden. Und für Vogt ist eine Aktie ohnehin nur zu fünf Prozent ein Sachwert, aber zu 95 Prozent ein Finanzwert. Rahim Taghizadegan, Gründer des Instituts für Wertewirtschaft, referierte über die Lehren der Wiener Schule der Ökonomie (Ludwig von Mises, Friedrich A. von Hayek) für die Vermögensanlage. Er warnte vor der Manipulation der Inflationsrate und der Geldillusion. Den „Nominalfetisch“ entlarve ein Blick auf die Kursentwicklung in Simbabwe, denn danach müßte die dortige Börse die beste in der Welt sein. Daß der Euro scheitert und „Zypern nur ein Testfeld“ ist, war ebenfalls Konsens. Doch was kommt danach? Der Ökonom Wilhelm Hankel, der mit Fachkollegen gegen die Währungsunion und die Rettungspakete bis vors Bundesverfassungsgericht gezogen ist, glaubt nicht daran, daß die Politik und die hinter ihr stehenden Interessengruppen ihren „Jugendstreich mit tödlichen Folgen“ aufgeben werden. Hankels Ausweg, den er in seinem neuen Buch „Die Euro-Bombe wird entschärft“ (Universitas Verlag 2013) näher erläutert, lautet: Der Euro wird zur Parallelwährung, neben der D-Mark und anderen nationalen Währungen. Das sei angesichts der Euro-Schuldenberge kein leichter Weg, doch ansonsten sei der Crash „unausweichlich“.

Eberhard Hamer, Gründer des privaten Mittelstandsinstituts Niedersachsen, teilt Hankels Kritik, doch die Euro-Krise ist für ihn nur ein „Schauplatz des Weltfinanzkrieges“. Die US-Finanzindustrie habe Interesse daran, daß die Euro-Krise weiterschwele. Das „europäische Schuldenmonster“ ESM sichere schließlich deren Euro-Investitionen ab. Und angesichts von über 16 Billionen Dollar US-Statsverschuldung stehe die „zweite Krisenstufe“ unweigerlich bevor: „Wer auf Geldwerten sitzenbleibt, wird verlieren.“ Der Salzburger Edelmetallexperte Johann Saiger sieht dies ähnlich, doch er mahnte die Anleger: „Panik und Euphorie sind die schlechtesten Ratgeber“, auch beim Kauf von Gold, Silber oder Acker.

Die Frage, warum bei Themen wie ESM oder Euro von der Politik immer entgegen der einhelligen Mehrheitsmeinung des Volkes entschieden werde, beantwortete die Autorin des „Guttenberg-Dossiers“ (JF 43/11), Friederike Beck, in ihrem Beitrag über „Transatlantische Elitenetzwerke“: Nach 1945 sei so vor allem eine antinational orientierte neue Elite in Führungspositionen von Politik, Medien und Wirtschaft gekommen.

Daß nicht alle „Young Leader“ beim „finanziellen Völkermord“ mitmachen, bewiesen die Nachwuchsökonomen Matthias Weik und Marc Friedrich in ihrem äußerst lebendigen Vortrag über den „größten Raubzug der Geschichte“, der schon vor der Lehman-Pleite 2008 begonnen habe: Nicht nur in den USA, auch in Brüssel und Berlin sage die Bankenlobby weiterhin, wo es langgehe.

Das neue Seminar über „Existenzsicherung in Systemkrisen“ von Sven Hermann Consulting findet im September in Fulda statt: www.shc-online.com

Aktuelle Termine der Lesereise zum Buch „Der größte Raubzug der Geschichte“: www.finanzbuch.tectum-verlag.de

Foto: Rahim Taghizadegan erklärte die „Wiener Schule der Ökonomie“: Manipulation der Inflationsrate

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