© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

Unendliche Welten
Vision und Wirklichkeit: Science-fiction-Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte
Gertrud Bossdorf

Was heute wie ein Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein“, so der erfolgreiche Science-fiction-Autor Andreas Eschbach („Das Jesus Video“) bei der Eröffnung der Wechselausstellung „Science-fiction in Deutschland“ Ende November vorigen Jahres im Bonner Haus der Geschichte. Inzwischen haben die bis zum 1. April verlängerte Schau über 60.000 Besucher gesehen. „Das ist ein schöner Erfolg“, freut sich Pressereferent Peter Hoffmann auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT.

Als literarisches Genre ist Science-fiction ein Abbild der Zeitgeschichte. Sie orientiert sich am technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und entwickelt so Zukunftsvisionen, die durchaus Realität werden könnten.

Das ist auch das Konzept der Ausstellung mit ihren rund 600 Exponaten. Sie will die Besucher in ein „Space Lab“ entführen, ihnen das Gefühl vermitteln, sich in einem Raumschiff durch die Zeit zu bewegen – Richtung Zukunft. Bei jedem Übergang von einem Raum zum nächsten ist es nicht etwa Magie, die beim Durchgehen das Öffnen einer Raumschiffschleuse, das Keuchen des „Star Wars“-Bösewichts Darth Vader oder das mechanische Fiepen eines Droiden erzeugt. Vielmehr ist der Besucher aufgefordert, auf einer Schaltfläche besagtes Geräusch selbst zu aktivieren.

Darin besteht auch der Unterschied zum Fantasy-Genre. Science-fiction wehrt sich gegen den magischen Faktor des Fantastischen, sie will mehr sein als bloße Unterhaltung. Beginnend in den 1920er Jahren, in denen der Fokus der Wissenschaft und Gesellschaft von der bereits weitgehend erforschten und bereisten Erde hin zum unermeßlich großen Weltall gerichtet wurde, geht der Besucher auf einen „Flugkurs“ Richtung Gegenwart.

Fritz Langs Stummfilm „Metropolis“ bildete 1927 auf dem Gebiet der filmischen Science-fiction den Auftakt zu einer langen Entwicklung, die jedoch in den dreißiger und vierziger Jahren zunächst eine Flaute erlebte. In der Nachkriegszeit erfuhr das Genre dann einen ungeheuren Aufschwung, von der erstmals 1966 erschienenen „Star Trek“-Serie über die Filme des US-Amerikaners George Lucas, die neue Maßstäbe in der Tricktechnik setzten, bis hin zu den Spezialeffekte-Blockbustern des deutschen Regisseurs Roland Emmerich („The Day After Tomorrow“, 2012).

Das Raumschiff der zeitgleich mit „Star Trek“ anlaufenden Fernsehserie „Raumpatrouille Orion“ wurde noch aus Bügeleisen, Eisportionierern und Bleistiftspitzern zusammengeschraubt. Lucas’ 2002 volldigital aufgenommener Film „Episode 2: Angriff der Klonkrieger“ aus der berühmten „Star Wars“-Reihe und Emmerichs Weltuntergangsszenarien sind demgegenüber Lichtjahre entfernte filmische und (trick-)technische Meisterwerke.

Von Langs „Metropolis“ und dem dazu ausgestellten Metallanzug der Hauptdarstellerin geht die Ausstellung auch auf die weltrauminspirierte Mode ein. So ist zum Beispiel ein vollständig aus Metallplättchen zusammengesetztes Cocktailkleid des Designers Paco Rabanne aus dem Jahr 1966 zu sehen.

Am Ende des Rundgangs findet vor allem der junge Besucher seine Träume erfüllt, wenn Darth Vader in voller Lebensgröße vor seiner Nase steht und daneben auch noch die Lego-Produktion des Raumschiffs der „Bösen“ aus „Star Wars“, der Todesstern, zum Greifen nahe ist. Ältere Generationen werden sich eher bei der „Perry Rhodan“-Geschichte wiederfinden, die seit 1961 wöchentlich in Heftform erscheint und mit über 160.000 Seiten die „am längsten laufende Fortsetzungsgeschichte der Welt“ ist.

Die Ausstellung reflektiert rund achtzig Jahre stets erneuerter und verbesserter Technologien in Film und Fernsehen genauso wie achtzig Jahre eines eigenständigen literarischen Genres. Vieles aus der Vorstellungswelt der Science-Fictionäre ist zwischenzeitlich von der Wirklichkeit eingeholt worden, anderes (noch) nicht. Entwarnung also für alle, die eine Invasion von Außerirdischen fürchten. Doch wie heißt es in Fritz Langs „Metropolis“ so treffend: „Es gibt für den menschlichen Geist kein Niemals, höchstens ein Noch-nicht.“

Die Ausstellung „Science-fiction in Deutschland“ ist bis zum 1. April im Bonner Haus der Geschichte, Willy-Brandt-Allee14, täglich außer montags von 9 bis 19 Uhr, Sa./So. 10 bis 18 Uhr, zu sehen. Telefon: 02 28 / 91 65-0

www.hdg.de

Foto: Die dunkle Seite der Macht:  Lebensgroße Figur von „Star Wars“-Bösewicht Darth Vader in der Ausstellung in Bonn
 

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