© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

„Up ewig ungedeelt“
Der gescheiterte Aufstand der Schleswig-Holsteiner gegen die dänische Herrschaft 1848
Hans-Joachim von Leesen

Auf dem Platz vor der Frankfurter Paulskirche steht ein stattlicher Obelisk, den die Stadt Frankfurt vor über hundert Jahren zur Erinnerung an die deutsche Revolution für demokratische Rechte und für ein einiges Deutschland hat setzen lassen. Das Relief auf der Südseite ist den schleswig-holsteinischen Kämpfern gewidmet. Es zeigt einen Burschenschafter und einen Turner, die in den Kampf ziehen, der Student trägt die Fahne mit der Inschrift „Up ewig ungedeelt“, nämlich die beiden deutschen Herzogtümer Schleswig und Holstein. Diese beabsichtigte der dänische König auseinanderzureißen, indem er, dem Willen des dänischen Reichstages folgend, Schleswig an Dänemark anschließen wollte. Unter dem Bilde kann man die ersten vier Zeilen des Schleswig-Holstein-Liedes lesen;

„Schleswig-Holstein meerumschlungen, /deutscher Sitte hohe Wacht, / wahre treu, was schwer errungen, / bis ein schönrer Morgen tagt.“

So wird an die Erhebung der deutschen Schleswig-Holsteiner vor nunmehr 165 Jahren erinnert. Sie wollten sich lösen aus der absolutistischen Herrschaft des Herzogs, der gleichzeitig König von Dänemark war und so die deutschen Herzogtümer dem dänischen Gesamtstaat eingegliedert hatte. Und gleichzeitig verkündeten sie, sie wollten sich den deutschen Einigungsbestrebungen anschließen.

Nach langen Beratungen faßten die im Kieler Rathaus versammelten führenden deutschen Persönlichkeiten aus allen politischen Richtungen am späten Abend des 24. März 1848 den Beschluß, eine neue provisorische schleswig-holsteinische Regierung zu bilden, und sie verkündeten vor einer riesigen Menschenmenge: „Wir werden uns mit aller Kraft den Einheits- und Freiheitsbestrebungen Deutschlands anschließen. Wir fordern alle wohlgesinnten Einwohner des Landes auf, sich mit uns zu vereinigen ...“

Den unbewaffneten Revolutionären mußte es zunächst darum gehen, Mittel zu finden, um dem zu erwartenden Angriff des dänischen Militärs begegnen zu können. Dazu wollte man die Festung Rendsburg in die Hand bekommen. So fuhren am frühen Morgen des Folgetages Mitglieder der provisorischen Regierung im Zylinder und mit Regenschirm, wie zeitgenössische Bilder zeigen, zusammen mit einigen Kieler Jägern, Turnern und mit Knüppeln bewaffneten Bauern mit der erst vor wenigen Jahren gebauten Eisenbahn in die Festung, wobei allerdings die Studenten fehlen mußten, weil sie nach durchfeierter Nacht verschlafen hatten. Den in der Festung angetretenen Soldaten wurde eröffnet, daß sich Schleswig-Holstein aus dem dänischen Gesamtstaat verabschiedet hatte, und sie wurden aufgefordert, sich der neuen Regierung anzuschließen.

Die Soldaten, allesamt Landeskinder, folgten dem Ruf fast geschlossen, während den dänischen Offizieren angeboten wurde, sie nach Dänemark zu entlassen unter der Bedingung, daß sie ihr Ehrenwort geben, nicht gegen Schleswig-Holstein zu kämpfen. Das taten sie, ohne ihr Wort später zu halten. In der Festung fielen den Schleswig-Holsteinern riesige Waffenmengen in die Hand, aber auch die Landeshauptkasse mit 2.500.000 dänischen Reichsbanktalern. Schleunigst machte sich die provisorische Regierung daran, die Bevölkerung zu bewaffnen und eine schleswig-holsteinische Armee aufzustellen.

Zunächst aber mußten sie sich auf die Freischaren stützen, die in großer Anzahl aus ganz Deutschland in den Norden strömten, um für demokratische Freiheit und nationale Unabhängigkeit zu kämpfen. Der erste Zusammenstoß mit regulären dänischen Truppen nördlich von Flensburg verlief böse. Die Freischärler, die bar jeder Disziplin waren und über keine militärische Ausbildung verfügten, verloren vier Offiziere und dreißig Soldaten. Acht Offiziere und 908 Mann wurden gefangengenommen, womit den Schleswig-Holsteinem die Möglichkeit genommen worden war, in den kommenden Jahren geeignete Führer und Unterführer aus der akademisch gebildeten Jugend auszubilden.Die provisorische Regierung wandte sich um Unterstützung an Preußen sowie an den Deutschen Bund, die auch sogleich Truppen entsandten.

Doch man hatte den Widerstand der großen europäischen Mächte wie Rußland, England und Frankreich unterschätzt. Es lag weder in deren Interesse, daß mit deutscher Hilfe ein absolutistischer Fürst gestürzt wurde, noch daß Deutschland sich zum Küstenland entwickeln sollte, das später mit einer eigenen Flotte zum Machtfaktor würde. Nach vielerlei diplomatischen Verwicklungen mußten Deutscher Bund und Preußen sich aus dem schleswig-holsteinischen Konflikt zurückziehen, so daß die Herzogtümer allein standen.

Diese verfügten zwar nach fast drei Jahren über eine gut organisierte und ausgebildete Armee – 860 Offiziere, die meisten aus den übrigen deutschen Ländern, und 42.428 Mannschaften, darunter faßt 90 Prozent Schleswig-Holsteiner, doch waren sie der dänischen Armee weit unterlegen. In der Entscheidungsschlacht am 25. Juli 1851 bei Idstedt nördlich von Schleswig wurde schließlich die schleswig-holsteinische Armee vernichtend geschlagen, wozu die Unfähigkeit des Oberbefehlshabers, des preußischen Generals v. Willisen, beitrug. So mußte sich die schleswig-holsteinische Landesversammlung in das Schicksal ihres Landes ergeben. Beide Herzogtümer fielen wieder in den Verband des dänischen Gesamtstaates zurück und waren zeitweise harten Danisierungsmaßnahmen ausgesetzt. Die Schleswig-Holsteiner widerstanden mit der Parole „Wir wollen bleiben, was wir sind.“

Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurden auch die beiden Herzogtümer Teile Deutschlands. Der nördliche Streifen Schleswigs, der mehrheitlich von Dänen besiedelt war, entschied sich in der Volksabstimmung 1920 für die Vereinigung mit Dänemark, so daß die heutige deutsch-dänische Grenze der Verteilung der Nationalitäten und dem Willen der Bevölkerung entspricht. Versuche dänischer grenzrevisionistischer Kräfte, die deutsche Niederlage 1945 auszunutzen und sich Flensburgs zu bemächtigen, scheiterten, so daß heute niemand mehr den Grenzverlauf bestreitet.

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