© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/13 / 29. März 2013

Einsame Länderkammer
NPD-Verbot: Nach der Absage der Bundesregierung wird sich vermutlich auch der Bundestag nicht am neuerlichen Gang nach Karlsruhe beteiligen
Lion Edler

Die Karten für das geplante Verbotsverfahren gegen die NPD werden neu gemischt. Während die Bundesregierung einen eigenen Verbotsantrag ablehnte, zeichnet sich bei den Ländern dennoch der neuerliche Gang nach Karlsruhe ab. Als Dritter im Bunde der Verfassungsorgane könnte auch der Bundestag einen Antrag stellen, doch dessen Verhalten ist noch offen. Während SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier auf einen solchen Antrag des Bundestags hofft, sind sich die restlichen Fraktionen uneins.

Bei der ablehnenden Entscheidung der Bundesregierung hatte sich die sonst meist von der Union domestizierte FDP diesmal durchgesetzt. „Dummheit kann man nicht verbieten“, begründete Parteichef Philipp Rösler die Position der FDP-Minister. Daraufhin war ihm vom Präsidenten des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, vorgeworfen worden, er spreche „fälschlicherweise und geradezu gefährlich verharmlosend“ von Dummheit. Es gehe nicht um Dummheit, sondern darum, daß Steuermittel mißbraucht würden, „um braunen Haß zu finanzieren“, sagte Graumann dem Handelsblatt. Auch der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) warf Rösler „unerträgliche Verharmlosung“ vor. Außerdem halte die Bundesregierung „den Steigbügel“ für Gegner eines Verbotsantrags im Bundestag.

Die Bundesregierung verdeutlichte indessen, daß sie sich mit ihrer Entscheidung nicht gegen das geplante NPD-Verbot stelle. „Die Regierung kneift nicht, sie unterstützt den Verbotsantrag der Länder“, sagte Bundes-innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem Tagesspiegel. Friedrich sieht jedoch im Umgang mit dem Rechtsradikalismus die Aufgabe vor allem darin, „alle, auch gesellschaftlichen Aktivitäten und Abwehrmaßnahmen zu stärken“. Er selbst wolle im Bundestag gegen einen Verbotsantrag stimmen. Als momentan einziges Bundesland lehnt das schwarz-gelb regierte Hessen einen Verbotsantrag der Länder im Bundesrat ab. Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sagte denn auch nach der Entscheidung der Bundesregierung in der ARD, daß die Innenminister der restlichen Länder prüfen müßten, ob das gesammelte Material wirklich für ein NPD-Verbot ausreiche.

Dem trat der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) entgegen. Der Antrag sei ausreichend stichhaltig, um vom Bundesverfassungsgericht akzeptiert zu werden, sagte Tillich. Er gehe davon aus, daß es im Bundesrat bei der deutlichen Mehrheit für einen Verbotsantrag bleibe und somit „im Juni die Klageschrift dann auch beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wird“.

Tillich brachte auch die mutmaßlichen Mörder des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) als Argument für ein Verbot ins Spiel. „NSU und NPD sind sich so fremd auch nicht“, behauptete der CDU-Mann. Daß nach derzeitigem Kenntnisstand keiner der mutmaßlichen NSU-Mörder Mitglied der NPD war, konnte weder Tillich noch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bremsen. „Gerade nach den Gewalttaten, die von rechtsextremen Tätern in Deutschland ausgeübt worden sind“, so Steinmeier, wäre die Bundesregierung in der Pflicht gewesen, „Konsequenzen folgen zu lassen“.

Steinmeier zeigte sich optimistisch, daß es zu einem Verbotsantrag im Bundestag kommt. Es gebe in den Reihen von Union und FDP „genug Abgeordnete, die für einen Verbotsantrag sind und mit uns stimmen wollen“, zitierte ihn die Neue Ruhr/Rhein-Zeitung. Dagegen will etwa der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele gegen den Antrag stimmen. Zwar verfolge die NPD „eindeutig verfassungsfeindliche Ziele“, sagte Ströbele der taz. Doch für ein Verbot müsse sich „valide ergeben, daß sie diese aktiv kämpferisch anstrebt und – vor allem – daß ein Verbot verhältnismäßig ist“. Dies setze voraus, daß die NPD „eine echte Bedrohung unserer Grundordnung ist“, was „angesichts der Schwäche der NPD und ihrer schwindenden Wahlerfolge mehr als fraglich“ sei.

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