© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/13 / 29. März 2013

Rechte der Kinder verteidigen
Frankreich: Hunderttausende demonstrieren erneut gegen die Homo-Ehe
Friedrich-Thorsten Müller

Am vergangenen Sonntag demonstrierten in Paris zum zweiten Mal in diesem Jahr Hunderttausende Franzosen gegen die geplante völlige Gleichstellung von Homosexuellen im Ehe- und Adoptionsrecht. Nach Angaben der Veranstalter wurde dabei die Teilnehmerzahl der letzten Demonstration vom 13. Januar nochmals überboten, seien doch diesmal 1,4 Millionen nach zuvor einer Million Bürger auf die Straße gegangen. Die Polizei sprach dagegen – etwa wie beim letzten Mal – von 300.000 Demonstranten.

Im Unterschied zu den bisherigen Demonstrationen gegen das Gesetzesprojekt der sozialistischen Regierung kam es diesmal zu gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande der Demonstration.

Hintergrund dafür war, daß die Behörden den Veranstaltern den Zugang zu den prestigeträchtigen Champs-Elysées und dem Triumphbogen verweigerten, dies aber gegen Abend einige tausend Demonstranten nicht akzeptieren wollten. Dabei gingen die 2.000 eingesetzten Polizisten mit großer Härte gegen einige hundert Teilnehmer vor, die sich die Nationalhymne singend weigerten, das Areal wieder zu verlassen. Unter anderem kam es zu massivem Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas wodurch auch Kinder verletzt wurden. Einige Demonstranten knieten vor den Polizisten nieder und schrien: „Demokratie!“ Auch etwa 30 Polizisten seien leicht verletzt worden. Von 98 vorläufig festgenommenen Demonstranten verblieben sechs in Polizeigewahrsam.

Dessen ungeachtet wird die Demonstration von den Veranstaltern, der „Association La Manif Pour Tous“, als großer Erfolg gewertet, seien doch die für die Demonstration vorgesehen Straßen und Plätze voll gefüllt und erneut auch Tausende Bürgermeister und Abgeordnete beteiligt gewesen. Die Franzosen hätten „in einem festlichen und gesitteten Rahmen“ ihre Entschlossenheit unter Beweis gestellt, gegen dieses Gesetzesprojekt zu kämpfen: „Als Land der Menschenrechte muß Frankreich heute die Rechte der Kinder verteidigen.“

Der ebenfalls an der Demonstration beteiligte Chef der größten Oppositionspartei UMP, Jean-François Copé, forderte indes von Präsident François Hollande Rechenschaft über den Polizeieinsatz. Er habe Familien getroffen, die Opfer des Tränengaseinsatzes geworden seien, darunter kleine Kinder. Die Ex-Ministerin Christine Boutin von der christdemokratischen Partei PCD ging noch einen Schritt weiter und forderte gar den Rücktritt von Innenminister Manuel Valls und vom Polizeichef von Paris.

Innenminister Valls seinerseits verteidigte den Polizeieinsatz und machte gegenüber AFP „extreme Rechte“ dafür verantwortlich, daß die Demonstration den Veranstaltern „aus dem Ruder gelaufen“ sei. Man habe auch keine Tränengas-granaten, sondern nur per Hand schwächeres Tränengasspray eingesetzt. Eine Entschuldigung für den Polizeieinsatz lehnte er ab.

Auch der bisher glücklose sozialistische Regierungschef François Hollande zeigt sich betont unbeeindruckt von den massiven Protesten. Ab dem 4. April befaßt sich nun der knapp links dominierte Senat mit dem Gesetzentwurf zu Homo-Ehe und -Adoption, nachdem die Nationalversammlung diesen bereits am 12. Februar mit deutlicher Mehrheit verabschiedet hatte. Es wird aber damit gerechnet, daß das Gesetz – trotz angekündigter weiterer Proteste und einer tiefen Spaltung der französischen Gesellschaft – noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden kann.

Foto: Fahnenmeer gegen die Gleichstellung von Homosexuellen im Ehe- und Adoptionsrecht: Auch Tausende Bürgermeister beteiligten sich vorigen Sonntag an dem Protest in Paris

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