© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/13 / 05. April 2013

Der Pharmakonzern Novartis verliert seine Patentklage in Indien
Im Sinne der Patienten
Ronald Gläser

Der oberste Gerichtshof Indiens hat Novartis abblitzen lassen. Für das Krebsmedikament Glivec wird es keinen Patentschutz mehr geben. Ein schwerer Schlag für den globalen Pharmariesen, der rund acht Prozent seines 57-Milliarden-Umsatzes mit Glivec macht. Indische Räuberjustiz macht Schweizer Wertarbeit zunichte – so ungefähr sehen sie in der Basler Firmenzentrale das Urteil. Es sei ein „Rückschlag für Patienten, der den medizinischen Fortschritt aufhalten wird“, lautete die offizielle Klage von Novartis. Das Unternehmen sieht sein geistiges Eigentum verletzt und ist damit nicht allein. Auch andere Chemieriesen wie Bayer oder Pfizer sind mit der indischen Rechtsprechung unzufrieden.

Zu Unrecht. Novartis hat lange genug viel Geld mit Glivec verdient. Der Konzern wollte sein Monopol für weitere zwanzig Jahre verlängert haben, obwohl er das Produkt nur geringfügig geändert hat. Solche Patente sind eine Lizenz zum Gelddrucken. Als Monopolist kann Novartis über 3.000 Euro pro Monat für die Behandlung mit Glivec verlangen. Nachahmerprodukte für nur sechzig Euro wären dann verboten. Kein Wunder, daß Indien das nicht mitmacht. Für das Riesenreich gibt es zwei wichtige Gründe, ausländische Pharmafirmen knallhart zu behandeln: die vielen Patienten, die sich das Präparat nicht leisten können, und die aufstrebende Chemiebranche, die sich auf Generika spezialisiert hat. Ein weiterer Beweis übrigens, daß auch in der globalisierten Welt der Nationalstaat nicht tot ist.

Forschung und Entwicklung werden nicht aufhören, wenn der Patentschutz durch solche Urteile gelockert wird. Auch wenn Konzerne dies immer wieder behaupten. Solange es unbefriedigte Bedürfnisse gibt, wird jemand ein Geschäft wittern und entsprechende Angebote entwickeln. So funktioniert Marktwirtschaft. Jahrzehntelange, staatlich geschützte Monopole hingegen sind ein Markteingriff, der viel schwieriger zu rechtfertigen ist.

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