© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/13 / 12. April 2013

Streit um Steuergelder für hessischen Regionalflughafen
Zehnmal Kassel-Calden
Bernd-Thomas Ramb

Soll der Staat Flughäfen bauen? Ja, denn in einem von zerstückeltem Landbesitz geprägten Staat dürfte es kaum privaten Investoren gelingen, genügend Grundfläche zu erwerben, um solch ein Projekt zu plazieren. Wie auch im dichtbesiedelten Deutschland die Wahrscheinlichkeit einer ablehnenden Protestbewegung zunimmt, deren Widerstände nur der Staat – mit welchen Machtmitteln auch immer – überwinden kann.

Im Falle des nordhessischen Regionalflughafens Kassel-Calden ist dies auf rechtsstaatliche Weise gelungen. Hilfreich war sicher die Tatsache, daß dort bereits ein Kleinflughafen bestand. Für eine Landebahn, die den üblichen Großflugzeugen genügt, war jedoch letztlich ein Neubau notwendig. Positiv anzumerken ist – selbst von seiten der Gegner: Die bautechnische Ausführung ist nicht zuletzt auch zeitlich gelungen, was in Zeiten der darbenden Bauruine des Hauptstadtflughafens BER durchaus Anerkennung verdient.

Es bleibt die Frage: Braucht die Region wirklich einen Flughafen dieser Größenordnung? In relativer Nähe befinden sich die Flughäfen Paderborn, Erfurt und Hannover. Das kontinentale Drehkreuz Frankfurt ist nur 200 Kilometer entfernt. Schon macht sich Häme breit über die ersten abgesagten Landungen im „nordhessischen Sibirien“, wie die Gegend im Volksmund heißt. Hätten die 271 Millionen Euro, die der Ausbau des Kasseler Flughafens letztlich gekostet hat, nicht anderweitig besser verwendet werden können? Wird nicht generell jede Aktivität des Staates abgelehnt, sprechen Argumente für Kassel-Calden.

Da steht zuvorderst das wirtschaftliche Wagnis. Wer schon jetzt dem künftigen wirtschaftlichen Erfolg jede Wahrscheinlichkeit abspricht, dem gilt dies für die meisten Investitionen. Selbst wenn der buchhalterische Gewinn ausbleibt, so ist er wenigstens versucht worden. Im Bereich der privatwirtschaftlichen Unternehmungen werden Flops als natürliches Risiko in Kauf genommen, warum nicht auch hier? Wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts.

Ja, aber nicht mit unseren Steuergeldern, wird sofort gemault. Der Einwand der möglichen Verschwendung trifft jedoch auf alle Staatsausgaben zu. Tatsächlich verschwendet wird, wie der Bund der Steuerzahler löblich aufzeigt, an allen Ecken und Enden. Dabei sollte aber das konkrete Schmerzausmaß der einzelnen Verschwendungen verglichen werden. Den zehnfachen Betrag des Kasseler Flughafenbaus wird die deutsche Subventionierung der zyprischen Bankkunden kosten. Doch davon bleibt nichts Greifbares bestehen als die Verunglimpfung der Deutschen. Dann doch lieber Kassel-Calden – auch eine Flucht vor der Euro-Entwertung in Immobilien.

Nicht zuletzt haben die Hessen den Flughafen aus ihren eigenen Steuermitteln bezahlt, was den Berlinern nicht gelingt – trotz der Zuwendungen über den Länderfinanzausgleich.

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