© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Auf Konfrontationskurs
Henning Hoffgaard

Es sind turbulente Zeiten für die Freien Wähler. Erst kehrt der designierte Spitzenkandidat Stephan Werhahn wieder zur CDU zurück, dann treten mehrere Landesverbände zur „Alternative für Deutschland“ über, und schließlich gibt es noch Rücktrittsforderungen aus den eigenen Reihen gegen Parteichef Hubert Aiwanger. Zeit für einen Befreiungsschlag. In der vergangenen Woche lud Aiwanger zu einer Pressekonferenz nach Berlin. Aus dem Befreiungsschlag wurde schnell ein Rundumschlag. „Es gibt eine Alternative zur Politik von Angela Merkel“, sagte Aiwanger. „Die Freien Wähler!“ Das ist mehr als nur ein Seitenhieb gegen die „Alternative für Deutschland“ (AfD).  Der Parteivorsitzende redet Klartext. Ein Euro-Austritt Deutschlands, wie ihn die neue Partei fordere, wäre ein „finanzielles Desaster“. Aiwanger hat einen anderen Plan. Um die „Spaltung Europas“ zu verhindern, soll die Gemeinschaftswährung in allen EU-Mitgliedsstaaten eingeführt werden.

Gleichzeitig sollen in allen Ländern neben dem Euro wieder die nationalen Währungen eingeführt werden. Mit flexiblen Wechselkursen. Der Vorschlag klingt kompliziert. Zur Unterstützung hat sich Aiwanger den Euro-Kläger Wilhelm Hankel mit ins Boot geholt. Der unterstützt die Freien Wähler bereits seit längerer Zeit. Mit Blick auf die AfD sagt Hankel, er sehe jeden Zusammenschluß von Euro-Kritikern grundsätzlich positiv. Dennoch habe das Programm von AfD-Chef Bernd Lucke noch zu viele Lücken. „Ich würde es derzeit nicht wählen“, betont Hankel. Aiwanger wird deutlicher. Eine Zusammenarbeit mit der Wahlalternative komme wegen dessen „Radikalisierung“ nicht mehr in Frage. „Ich bin ganz froh, daß die nun ihren eigenen Weg gehen.“

Dennoch sieht der Freie-Wähler-Chef die Gefahr, daß durch die neue Partei jede Kritik an Merkels Euro-Kurs als alternativlos dargestellt werde. „Wir machen seit Jahrzehnten seriöse Politik in den Kommunen“, sagt Aiwanger und betont das Wort „seriös“ dabei ganz besonders. „Es geht um machbare Politik.“ Angesprochen, warum die AfD besonders in Internetforen so beliebt ist, die Freien Wähler dagegen nicht, hat Aiwanger bereits eine Erklärung zur Hand: „Da reichen doch zwei bis fünf Leute, mit ihren Sprechblasen.“ Vom medialen Rummel um die Alternative will sich Aiwanger nicht abschrecken lassen. „Wir haben das Potential.“ Fünf Prozent seien ohne weiteres möglich. In Bayern rechnet er sogar mit mehr als zehn Prozent. Ob im Freistaat danach eine Koalition mit SPD und Grünen oder doch mit der CSU angestrebt wird, läßt er offen. Zwischen den Zeilen wird jedoch deutlich, daß Aiwanger im Moment mehr Gemeinsamkeiten mit Rot-Grün sieht. Etwa bei der Ablehnung des Fiskalpaktes.

Den Hauptvorteil gegenüber der neuen Konkurrenz sieht er vor allem in der breiten Verankerung in den Kommunen. „Die AfD hätte Fußvolk gebraucht, das die Professoren auf den Schultern trägt.“ Aiwangers Alternativen für die euroskeptischen Wähler sind klar: entweder die „radikalen Parolen“ der AfD oder die „Politik der Vernunft“ der Freien Wähler.

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