© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Karikaturen als Sprachkritik
Überflüssige Anglizismen: Ein Katalog zur Marburger Ausstellung des Vereins Deutsche Sprache
Werner Olles

Im Alltag – und hier vor allem in den Medien – nehmen Manipulationen und Verfälschungen unserer Muttersprache durch die Zunahme englischer Wörter stetig zu. Daß dies viele Bürger ausgrenzt und die Übernahme angloamerikanischer Redewendungen zudem auch noch häufig durch eine falsche Grammatik negativ auffällt, scheint die Werbeindustrie und in den Medienstuben nicht zu stören. Dabei haben mehrere Umfragen gezeigt, daß sich über 60 Prozent der Bevölkerung gegen eine Verhunzung der deutschen Sprache aussprechen.

Mit überflüssigen Anglizismen befaßt sich auch eine Ausstellung des Vereins Deutsche Sprache e.V. (VDS) in Marburg, die den schönen Titel „Gezielte Streifschüsse“ trägt und 120 Arbeiten von 60 Karikaturisten zeigt. Parallel zur Ausstellung ist ein von dem emeritierten Marburger Universitätsprofessor Armin Geus bearbeiteter und mit einem knappen Vorwort des VDS-Vorsitzenden Walter Krämer versehener Katalog erschienen, in dem knapp 50 Zeichnungen abgebildet sind. Die Karikaturisten, darunter Horst Haitzinger und das Duo Greser & Lenz, setzen sich darin mit den Denglisch-Blüten, jener „seltsamen Pidgin-Sprache“ (Walter Krämer), auf höchst witzige, aber gleichwohl nachdenkliche Weise auseinander. Eingeleitet wird der Band von zwei Textbeiträgen. Hermann Schubart beantwortet die Frage „Was ist und was will eine Karikatur?“ Michael Rumpf schreibt über „Verleugnung der Wirklichkeit: Anmerkungen zum Einfluß des Englischen auf das Deutsche“.

Diese Karikaturensammlung stellt eine bisher einmalige Werkschau in der Sprachkritik dar. In seinem mit einer Fülle von Beispielen gespickten Beitrag kommt Michael Rumpf zu dem deprimierenden Resümee: „Das Deutsche ist die einzige europäische Kultursprache, zu deren Beherrschung man zweisprachig sein muß.“

Zwar gehen die Karikaturisten die Problematik ein wenig lockerer an – so beispielsweise Klaus Bachers Mütter mit Kinderwagen („Mein Kleiner hat seinen ersten Burnout“) oder Harm Bengens überforderte Mutter, die die schmutzstarrenden Sprößlinge mit den Worten „Ich hasse das extreme Dirting nach dem Outdoor Fun“ empfängt, doch lugt hinter solch Bild- und Wortwitz die Erkenntnis hervor, daß Denglisch-Erfinder vor allem heiße Luft produzieren. Wunderbar auch Ralf Böhmes Büfett-Szene, bei der ein Herr konsterniert das bloße Hinterteil einer Dame begutachtet, welche sich wiederum keiner Schuld bewußt ist: „Aber auf der Einladung stand doch ‘Aftershowparty’.“

Gezielte Streifschüsse. Mit einem Vorwort von Walter Krämer. Basilisken-Presse, Rangsdorf 2013, broschiert, 68 Seiten, Abbildungen, 16,50 Euro

Die VDS-Ausstellung ist bis zum 12. Mai im Foyer des Sitzungssaales der Stadtverordnetenversammlung Marburg, Barfüßerstr. 50, täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen