© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Umwelt Ohne
Intelligenz
Volker Kempf

Nach 35 Jahren Streit um Gorleben wurde nun ein Kompromiß erzielt: Die Suche nach einem Endlager für deutschen Atommüll startet neu. Umweltminister Peter Altmaier gab sich aufgeklärt und meinte, man hätte gar nicht anfangen dürfen, Atommüll zu produzieren. Doch noch ist Deutschland zweitgrößter Atommüllproduzent der EU. Wie steht es um die Intelligenz einer „Elite“, die radioaktiven Abfall produzieren läßt, ohne zu wissen, wo er dauerhaft endgelagert werden kann? Wie intelligent ist eine Atomwirtschaft, die 1,6 Milliarden Euro in die Erforschung des Endlagers Gorleben investiert, obwohl bekannt war, daß es sich um ein ehemaliges Salzbergwerk handelt? Schon im Chemieunterricht lernt man, was Salz mit Metallfässern im Laufe der Zeit macht. Geologen wissen, daß Salz sich im Zeitraffer betrachtet wie ein zähflüssiger Brei bewegt – und dort nur ein „Lager in Bewegung“ entstehen kann.

Auf rein privates Risiko hat nirgendwo auf der Welt jemand Geld in Kernkraft investiert – immer müssen Staat und Steuerzahler die Rückversicherung übernehmen, wie Fukushima bestätigte. Allein der Rückbau des ersten und kleinsten deutschen AKW in Rheinsberg kostet offiziell 600 Millionen Euro. Für die Mär vom billigen Atomstrom wird gern auf die Alternativenergien gezeigt, die die Stromkosten in die Höhe treiben. Doch deshalb wieder mehr Atomstrom mitsamt Atommüll zu produzieren potenziert letztlich auch den ökonomischen Wahnsinn. Mangelt es hier an Intelligenz oder wird nur der Bürger für dumm verkauft? Der Humangenetiker Volkmar Weiss meint in „Die Intelligenz und ihre Feinde“, daß in einigen Ländern die mittlere Intelligenz nicht für den dauerhaften Unterhalt einer Bahnlinie reiche. Aber reicht die – abnehmende – mittlere Intelligenz in Deutschland für den Betrieb von Atomanlagen und ihren Folgeproblemen? Das sollte zu denken geben.

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