© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/13 / 26. April 2013

„In den Bundestag“
Für den Mitgründer und stellvertretenden Vorsitzenden der AfD, Alexander Gauland, ist die Zeit für eine neue Partei gekommen.
Moritz Schwarz

Herr Dr. Gauland, wird die Euro-Rettung dank der „Alternative für Deutschland“ bald noch teurer?

Gauland: Im Gegenteil, wir wollen alles tun, das zu verhindern.

Hugo Müller-Vogg warnt: Kostet die AfD im Herbst Schwarz-Gelb die nötigen Stimmen, „drohen unter Rot-Grün Eurobonds“!

Gauland: Ja, das ist ein Problem. Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter, glauben Sie mir.

Aber?

Gauland: Aber wir sind zu dem Schluß gekommen: Ist man von einer Sache überzeugt, dann muß man auch handeln, zumal in der Euro-Rettungsfrage, die für uns zentral ist, Schwarz-Gelb nicht anders taktiert als Rot-Grün.

Einleuchtend, beruhigt aber nicht.

Gauland: Beruhigt kann man angesichts der Euro-Rettungspolitik auch nicht sein. Aber was Hugo Müller-Vogg bei seinen ja berechtigten Einwänden meiner Ansicht nach nicht bedenkt, ist, daß sich bei einem AfD-Erfolg die Stimmung ändern wird, auch bei den Etablierten.

Was, wenn Sie unter fünf Prozent bleiben und Schwarz-Gelb dennoch entscheidende Stimmen kosten?

Gauland: Fünf Prozent werden wir auf jeden Fall erreichen.

In Umfragen liegen Sie derzeit bei drei Prozent. Woher nehmen Sie also diese Gewißheit?

Gauland: Laut Meinungsforschungsinstituten liegt unser Potential bei zwanzig Prozent.

Potential ist nicht Wahlergebnis.

Gauland: Richtig, aber wir erleben einen enormen Zulauf, wie Sie auf dem Parteitag ja gesehen haben. Es gibt viel Zustimmung in der Bevölkerung, und wie wir etwa am Fall Zypern merken, ist das Euro-Problem nicht gelöst. Im Gegenteil, wir müssen darauf gefaßt sein, daß bis zur Wahl weitere Staaten zu Rettungskandidaten werden. Nehme ich all das zusammen, bin ich sicher, wir schaffen den Einzug.

Und welchen Stimmungsumschwung, von dem Sie eben gesprochen haben, sollte das bei den Etablierten bewirken?

Gauland: Dann werden die Euro-Rettungskritiker in deren Reihen neue Fragen stellen.

Dennoch werden die etablierten Parteien die Rettungspolitik niemals grundsätzlich in Frage stellen, allenfalls das Tempo drosseln.

Gauland: Sollte etwa Italien weiter keine funktionsfähige Regierung haben, sollte dem französischen Präsidenten weiter keine Reformpolitik gelingen und früher oder später diese Länder zum Rettungsfall werden, dürfte sich die Stimmungslage dramatisch ändern. Noch – die Betonung liegt auf „noch“ – ist die Problematik der Euro-Rettung in den Portemonnaies der Deutschen nicht angekommen. Aber das wird, wenn es so weitergeht, nicht so bleiben.

Hugo Müller-Vogg nennt Sie eine „Ein-Themen-Partei“.

Gauland: Da hat er nicht ganz unrecht. Dennoch gibt es auch andere Forderungen, etwa mehr Demokratie, mehr Mitbestimmung der Bevölkerung, Rückverlegung von Kompetenzen aus Brüssel, ein anderes Steuersystem, eine andere Energiewende und eine andere Integrationspolitik. Auf die Dauer aber werden auch wir ein vollständiges Parteiprogramm haben.

Laut Politologen haben Ein-Themen-Parteien keine Chance.

Gauland: Ich schlage vor, das überlassen wir den Wählern.

Außer der Vertriebenenpartei BHE 1953 hat es noch keine bürgerliche alternative Parteigründung je in den Bundestag geschafft.

Gauland: Ihr Argument, das war bisher so, wird also auch in Zukunft so sein, finde ich kleinmütig. Zudem haben wir heute eine andere Situation.

Wieviel Prozent tippen Sie genau?

Gauland: Eine genaue Prozentzahl zu nennen wäre unseriös.

Doch selbst wenn die AfD den Einzug schafft – sie wäre isoliert.

Gauland: Im Bundestag hat die AfD keinen Koalitionspartner, das stimmt. Aber wir werden etwas bieten, was sich ein großer Teil der Bevölkerung wünscht: nämlich, daß eine Alternative zur Euro-Rettungspolitik im Bundestag Sitz und Stimme hat und auch auf der politischen Bühne dem Volk alternative Positionen dargestellt werden können. Was sich dann in allmählich wachsenden Wahlergebnissen für die AfD niederschlagen wird.

Sind sie eine konservative Partei?

Gauland: Nein, ich würde uns weder links noch rechts nennen, sondern eine Partei des gesunden Menschenverstandes.

Zuerst fand sich im AfD-Statut auch die Ablehnung der „Political Correctness“. Bei der Erstellung des Programms auf dem Parteitag wurde der Punkt jedoch gestrichen.

Gauland: Das Thema Politische Korrektheit ist nicht das Thema, das uns vordringlich bewegt – das sind die Euro-Rettungspolitik und das Demokratiedefizit.

Müller-Vogg vermißt ein „Konzept für die Zukunft Europas“.

Gauland: Was wir den Bürgern anbieten, ist eine alternative Richtung. Welchen Weg genau wir dann innerhalb dieser Richtung gehen, hängt nicht allein von uns ab. Klar ist, daß wir die Probleme nicht durch einen Sprung ins Dunkel lösen wollen. Denn einfach aus dem Euro auszutreten, wäre ein erneuter Völkerrechtsbruch, da es keine Austrittsklausel gibt. Deshalb fordern wir, daß der Euro zunächst wieder nach den Kriterien funktioniert, die seine Mütter und Väter einst aufgestellt haben.

Die Maastricht-Kriterien.

Gauland: Eben, das wäre der erste Schritt. Danach muß mit den europäischen Partnern weiterverhandelt werden. Aber wie die Ergebnisse aussehen, ob es einen kleineren Euro-Währungsverbund gibt, man tatsächlich zu nationalen Währungen, zur D-Mark, zurückkehrt oder zum alten EWS-System, da kann sich die AfD heute nicht festlegen. Eines aber kann ich ganz sicher sagen: Nicht verhandelbar ist für die AfD eine weitere Aufgabe nationaler Souveränität. Das ist die Alternative, die wir anbieten.

 

Dr. Alexander Gauland, ist Mitgründer und Vize-Sprecher der „Alternative für Deutschland“. Der ehemalige Staatssekretär und Leiter der hessischen Staatskanzlei war fast 50 Jahre CDU-Mitglied. 2002 publizierte er das Buch „Anleitung zum Konservativsein“. Bis 2005 war er Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung, bis 2012 Kolumnist des Tagesspiegel. Geboren wurde der Jurist 1941 in Chemnitz.

www.alternativefuer.de

 

weitere Interview-Partner der JF

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen