© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/13 / 26. April 2013

Die Frist beträgt neunzig Tage
Menschenrechtsinstitut gegen Meinungsfreiheit: Vereinte Nationen rügen strafrechtliche Nichtverfolgung Thilo Sarrazins
Fabian Schmidt-Ahmad

Die Vereinten Nationen haben die Bundesregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert, warum Thilo Sarrazin (SPD) nicht für seine Thesen strafrechtlich verfolgt wurde. Das Komitee zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (Cerd), ein Gremium der Vereinten Nationen, ist nach einer dreijährigen Untersuchung zu dem Schluß gekommen, der ehemalige Bundesbanker und Bestseller-Autor habe in einem Interview mit der Zeitschrift Lettre International verbrecherische Thesen vertreten und sei daher zu Unrecht nicht verfolgt worden.

Hintergrund ist eine Anzeige des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg gegen Sarrazin wegen Volksverhetzung und Beleidigung, die von der Berliner Staatsanwaltschaft abgelehnt wurde. Daraufhin klagte der Lobbyverband vor dem UN-Gremium. Sarrazin hatte in dem im September 2009 veröffentlichten Interview unter anderem davon gesprochen, daß viele der in Berlin lebenden Türken und Araber keine produktive Funktion hätten, außer für den Obst- und Gemüsehandel.

Das Komitee stellte nun fest, die Bundesrepublik habe ihre Pflicht verletzt, die Bevölkerung vor der „Aufwiegelung zu Rassenhaß sowie Handlungen der Rassendiskriminierung“ zu schützen. Deutschland müsse seine nationale Gesetzgebung im Hinblick auf Fälle der Rassendiskriminierung überprüfen. Das Komitee, in dem unter anderem die Türkei, Pakistan, Togo, Guatemala und der Niger einen Sitz haben, setzte der Bundesregierung eine Frist von neunzig Tagen, innerhalb der sie berichten müsse, welche Maßnahmen nach dieser Feststellung ergriffen werden sollen. „Dieses Menschenrechtsinstitut könnte auch ohne Probleme in Kuba tätig sein“, kommentierte die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach auf Twitter.

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