© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/13 / 03. Mai 2013

Der Faktor Persönlichkeit am Beispiel Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau
Männer machen doch Geschichte
(hf)

Die noch vor fünfzig Jahren verbreitete Ansicht, Männer machten Geschichte, ist unter dem Druck von Sozial-, Wirtschafts-, Alltags-, Mentalitäts- und „Geschlechter“-Geschichte aus der Mode gekommen. Trotzdem behaupten Biographien auf dem Markt für Geschichtsbücher ihren Spitzenplatz. Und gerade die für die Geschichte des 20. Jahrhunderts entscheidenden Umwälzungen zeigen bei genauer Analyse stets die Bedeutung des „Faktors Persönlichkeit“. Wie das Porträt bestätigt, das der Flensburger Historiker Henrik Becker-Christensen von Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau während seiner Zeit als Gesandter in Kopenhagen (1912–1918) zeichnet (Mitteilungen der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, 84/2013). Die Beziehungen zu Dänemark waren wegen der Nordschleswig-Frage seit 1864 ohnehin „angespannt“. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, bedurfte es daher der ganzen diplomatischen Kunst Brockdorff-Rantzaus, um die Dänen auf Neutralitätskurs zu halten. Dabei mußte sich der spätere deutsche Außenminister auch gegen Berliner Planungen durchsetzen, Dänemarks Handel mit England zu unterbinden oder die Küste bis Skagen hinauf einfach zu okkupieren. Dänemark hielt hier so seinen „haarfeinen Balanceakt“ zwischen England und Deutschland durch und ist durch ihn bis November 1918 „nicht zu einem weiteren Feind“ des Reiches geworden.

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