© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/13 / 10. Mai 2013

Europäische Zentralbank senkt Leitzins
Inflationspolitik
Thorsten Polleit

Am 2. Mai hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent abgesenkt. Der Konjunktur wird das kaum helfen, schließlich ist die Euro-Krise im Kern eine Überschuldungskrise. Zu lange hat die EZB mit zu niedrigen Zinsen die Kredit- und Geldmengen ausgeweitet.

Der Versuch, die Krise mit noch tieferen Zinsen „bekämpfen“ zu wollen, wird die Probleme nicht aus der Welt schaffen. Vielmehr werden dadurch vorhandene Fehlentwicklungen zementiert und neue geschaffen. So sinkt bei de facto Nullzinsen der Anreiz zur Ersparnis- und Kapitalbildung. Gleichzeitig steigt der Anreiz zum Konsum. Es kommt zur „Kapitalaufzehrung“: Die laufenden Ausgaben gehen auf Kosten des künftigen Wohlstands. Zudem befördern tiefe Zinsen Spekulationsblasen auf den Finanzmärkten (ein merklicher Preisauftrieb zeigt sich bereits auf den Aktienmärkten), die die Realwirtschaft bekanntlich schwer schädigen. Doch es wird wohl noch schlimmer kommen: Der EZB-Rat denkt bereits darüber nach, Unternehmenskredite der Banken zu kaufen und mit neuem Geld zu bezahlen. Zahlungsausfälle sollen verhindert werden, und sei es mit dem Anwerfen der elektronischen Notenpresse. Das ist der Weg in eine Inflationspolitik, die aktuell noch nicht deutlich in Erscheinung tritt, die sich früher oder später aber als solche zu erkennen geben wird.

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