© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/13 / 10. Mai 2013

Roger Bootle. Der Ökonom entwickelte einen preisgekrönten Plan zum Euro-Ausstieg
Der Vordenker
Dirk Meyer

Spätestens seit Gründung der „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist sie politisch nicht mehr undenkbar: die Auflösung der Euro-Zone. Aber ist sie auch wirtschaftlich machbar?

Tatsache ist, es gibt keinen goldenen Weg aus der verfahrenen Lage, in die uns der Euro und die Euro-Rettung manövriert haben. Den dennoch „besten“ – sprich: am wenigsten schlimmen – zu finden, war das Anliegen der Londoner Denkfabrik Policy Exchange des britischen Konservativen Lord Simon Wolfson (JF 44/11). Im Sommer 2012 verlieh er einen mit 250.000 Pfund dotierten Preis für den Rettungsplan, der eine Auflösung der Euro-Zone bei geringstmöglichen Verwerfungen bietet. Gewonnen hatte ihn Roger Bootle. Sein Plan könnte nun neue Aktualität gewinnen und der AfD zur Anregung und Grundlage dienen, einen seriösen Austrittsplan zu entwickeln, den sie in der politischen Debatte zur Diskussion stellen kann.

Der Vater des Plans, der Ökonom Roger Bootle, Jahrgang 1952, ist Geschäftsführer der Londoner volkswirtschaftlichen Beratungsgesellschaft Capital Economics Ltd. und Kolumnist des altehrwürdigen Daily Telegraph. Gegen 425 andere Einsendungen setzte er sich durch. Mit dem Titel „Leaving the euro: A practical guide“ will sein Plan eine praktische Anleitung zum Euro-Ausstieg geben. Gleich zu Beginn nennt er die Zielrichtung: Mangels Konvergenz habe langfristig nur ein Nord-Euro Chancen, bestehend aus den Kernstaaten Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Nicht als ausgeschlossen, aber als problematisch sieht Bootle die Teilnahme Frankreichs (Infragestellung von Preisstabilität und Unabhängigkeit der EZB), Belgiens („Griechenland des Nordens“) und Finnlands, das er für kulturell schwer kompatibel hält. Deshalb steht der Austritt mediterraner Krisenstaaten im Fokus des Bootle-Plans, denen er wegen mangelnder Integration keine gemeinsame Währung empfiehlt. Am Beispiel Griechenlands und der Einführung einer Neuen Drachme illustriert er die Durchführung eines Euro-Austritts.

Bootle zeigt einen möglichen Weg aus der Politik der „Alternativlosigkeit“ auf. Bemerkenswert ist seine klare Analyse und das Aufwerfen der richtigen Fragen: Wie können die Geheimhaltung der Umstellung gewährleistet und die Gefahren von Kapitalflucht und eines Bankensturms abgewendet werden? Wie wird mangels neuen Bargeldes bezahlt? Welche Währung gilt in bestehenden Verträgen? Bietet der EU-Vertrag legale Möglichkeiten eines Austritts? Welche wirtschaftlichen Folgen ergeben sich für das Austrittsland, für die Krisenstaaten und für die starken Euro-Mitglieder?

Bootle bietet also einen guten Ansatz für weitere Überlegungen hin zum konstruktiven Übergang in eine neue nationale und/oder europäische Währungsordnung vor dem Hintergrund des Lissabon-Vertrages. Die Arbeit dafür hat erst begonnen.

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