© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Aiwanger und die Rattenfänger
Lion Edler

Nicht nur bei den etablierten Parteien sorgt die Euro-kritische Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) für Nervosität. Auch die „Freien Wähler“, die im Herbst erstmals zur Bundestagswahl antreten und sich mit einer Ablehnung der Euro-Rettungspolitik bei gleichzeitigem Bekenntnis zum Euro profilieren, sind alarmiert. Die Mitgliederversammlung, die am vergangenen Wochenende in Sichtweite des Regierungsviertels in Berlin stattfand, war daher geprägt von scharfen Angriffen auf die AfD.

Parteichef Hubert Aiwanger sprach von einem historischen Tag, da man nunmehr dazu übergehe, „unsere bundespolitischen Ambitionen endgültig aufs Gleis zu bringen“. Aiwangers Devise: „Nicht nur Politik für Randgruppen, sondern Politik für alle.“ Der Landwirt sieht seine Partei dabei als wertkonservative Kraft der Mitte. Wenig schmeichelhaft fällt Aiwangers Bewertung der EU aus, deren Kommissare sich für Aiwanger kaum von „Politkommissaren der Volkskammer“ unterscheiden. „Europa für die wichtigen Dinge, aber bitte keine Bevormundung durch Brüssel“, sagt Aiwanger.

Doch vor allem an der AfD arbeitet Aiwanger sich ab – deutlich stärker als an den etablierten Parteien. „Wir warnen hier vor Rattenfängern!“, sagte Aiwanger in eindeutigem Bezug zur AfD. Die Partei um den Ökonomen Bernd Lucke würde „die Leute aufstacheln“. Ein „Weiter so“ im Stile von Angela Merkel sei jedoch genauso schlimm wie ein Euro-Ausstieg, denn: „Wer jetzt das Haus brennen läßt, der ist genauso schlimm wie der Brandstifter.“ Beides sei „völlig verantwortungslos“, so Aiwanger unter Applaus und begeistertem Getrampel des Publikums. Die Gründung der AfD sei „von ein paar Geldgebern von hinten durchexerziert“, weshalb die AfD „eine gekaufte Mogelpackung“ sei. Es handle sich zudem um eine Partei von Leuten, die „kein Rathaus von innen gesehen haben, die hier das große Rad drehen wollen.“ Die AfD solle man daher gar nicht zur Bundestagswahl zulassen – das sei so, wie wenn man an einer Abiturprüfung teilnehmen wolle, ohne die Grundschule absolviert zu haben. Außerdem seien Mitglieder der Freien Wähler von der AfD „aggressiv abtelefoniert“ worden, um sie abzuwerben. Einige „Sprücheklopfer“ habe man an die AfD verloren, so Aiwanger: „Die Guten bleiben, und die Trittbrettfahrer springen eben vom Trittbrett.“ Beim Publikum werden Aiwangers energische Rede und seine harten Angriffe gegen die AfD gefeiert: Heftiger Applaus war der Lohn.

Als dann bei der Diskussion um das Wahlprogramm jemand beantragt, daß das Euro-Thema nicht an den Anfang des Wahlprogramms gestellt wird, sondern erst hinter der Kommunalpolitik an zweiter Stelle, meldet sich Aiwanger gegen den Vorschlag zu Wort. Begründung: Es dürfe nicht so wirken, als ob man sich beim Thema Euro „der AfD schon geschlagen“ gebe. Aiwanger setzt sich durch: der Euro bleibt auf Platz eins.

Daneben plädieren die Freien Wähler in ihrem Wahlprogramm unter anderem für Volksentscheide auf Bundesebene und eine Vereinfachung des Steuerrechts.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen