© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Pluralismus im Islam: Diskurs über Grundsätze der Religion war früher möglich
Rückgang von eigenständigem Denken
(wk)

Kann es tatsächlich einen echten innerislamischen Pluralismus geben? Laut dem Wiener Kultur- und Religionswissenschaftler Kerim Epidoglu ist diese Frage eindeutig mit „Ja“ zu beantworten, da es in der Geschichte nicht an entsprechenden Beispielen gefehlt habe (Historische Sozialkunde, 1/2013). So sei die Existenz verschiedener, gleichberechtigt nebeneinander existierender Schulen doch schon seit dem Tode des 3. Kalifen Uthman ein fester Bestandteil des Islam gewesen – und es gebe zudem ja bis heute keine „zentrale Instanz für die Festlegung eines ‘offiziellen’ Islamverständnisses“ und damit im Grundsatz die Möglichkeit zu einem „freien wissenschaftlichen Diskurs“ über den Islam. Unter Muslimen, versteht sich. Andererseits könne man aber auch schon des längeren eine geistige Erstarrung „im Zuge eines allgemeinen Rückgangs von eigenständigem Denken“ beobachten. „Dies ist das vielkritisierte Phänomen des Taqlid, der ‘blinden Nachahmung’ der Früheren.“ Aber damit nicht genug: „Dieser Niedergang des freien Forschens findet seine Entsprechung in der schwächer werdenden gesellschaftlichen Dynamik auf allen Ebenen.“ Deshalb müsse es eine schnelle Rückbesinnung auf „den dem Islam innewohnenden Pluralismus“ geben, denn nur so könne diese Religion wieder zu ihrer alten Kraft zurückfinden.

www.vgs.univie.ac.at

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