© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Im Zweifel für die Burschenschaft
Berlin: Der wegen seiner Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung entlassene Staatsekretär Michael Büge erhält Unterstützung im Internet
Felix Krautkrämer

Mario Czaja hat im Internet derzeit nicht viele Freunde. Auf der Facebookseite des Berliner Sozialsenators entlädt sich in zahlreichen Kommentaren die geballte Wut über die Entlassung seines Staatssekretärs Michael Büge (CDU). Dieser war Anfang Mai vor die Wahl gestellt worden, entweder aus der Berliner Burschenschaft Gothia auszutreten, oder sein Amt zu verlieren (JF 21/13). Büge entschied sich für seine Studentenverbindung und erhielt daraufhin seine Entlassung – „im Einvernehmen mit der Parteiführung der Berliner CDU“, wie es in einer Mitteilung Czajas hieß. Die Diskussion um die Mitgliedschaft Büges in der Burschenschaft habe die Arbeit an Sachthemen in den vergangenen Monaten deutlich erschwert.

„Rückgratloser Umfaller“ und „aalglatter, öliger Populismus“ sind noch die freundlicheren Kommentare, die Czaja seitdem über Facebook erreichen. Ob er noch in den Spiegel schauen könne, fragte ein Nutzer den Sozialsenator. Politiker wie er trügen die Schuld daran, daß die CDU für Konservative unwählbar geworden sei.

Doch nicht nur im Internet stieß der Umgang mit Büge auf Kritik. Auch in der Sitzung der CDU-Fraktion machten einige Abgeordnete in der vergangenen Woche ihrem Ärger über die Entlassung des 36 Jahre alten, verheirateten Familienvaters Luft. Robbin Juhnke beispielsweise lobte Büges Standhaftigkeit. Anstatt ihn vor die Wahl Burschenschaft oder Staatssekretär zu stellen, hätte die CDU Büge den Rücken stärken müssen, kritisierte der innenpolitische Sprecher der Fraktion. Auch die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Cornelia Seibeld und Michael Dietmann sprachen von mangelnder Solidarität.

CDU-Chef Frank Henkel, selbst Mitglied einer Studentenverbindung, stellte sich dagegen hinter Czaja. Dessen Kritiker sollten sich lieber fragen, ob nicht Büge sich gegenüber seiner Partei unsolidarisch verhalten habe. Schließlich habe er im vergangenen Jahr angekündigt, aus der Gothia auszutreten, wenn diese nicht den Dachverband Deutsche Burschenschaft verlasse. Dies sei aber nicht erfolgt. Laut Berliner Zeitung soll Henkel die Mitgliedschaft in der Gothia für unvereinbar mit einem Regierungsamt halten.

Büge dagegen verteidigte seinen Verbleib in der Burschenschaft. Mit dieser verbinde er ausschließlich positive Begriffe, wie sie sonst in der Gesellschaft nicht mehr anzutreffen seien, zum Beispiel Freundschaft, Ehrlichkeit und ein freiheitlicher Wertekanon, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. „Wenn es mittlerweile schon schädlich ist, Mitglied einer Studentenverbindung zu sein, was kommt dann als nächstes? Sind wir schon wieder soweit, daß mittels Sippenhaftung Menschen drangsaliert und in ihrer Existenz bedroht werden dürfen“, fragte Büge. Dies entspreche nicht seinem Verständnis einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft.

Gleichzeitig warf er der Linkspartei und den Grünen vor, eine Kampagne gegen ihn und die Burschenschaft inszeniert zu haben. Er wisse durchaus um den politischen Hintergrund einiger Verantwortlicher. So komme Hakan Tas von der Linkspartei aus dem linksextremen kurdischen Lager. Die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann bezeichnete er als „verlängerten Arm der Antifa“. Doch Anwürfe solcher Vertreter müsse man in einem politischen Amt aushalten. Sprachlos mache ihn dagegen, daß der bürgerliche Teil der Gesellschaft solchen den Rechtsstaat verachtenden Personen nichts entgegenzusetzen habe und regelmäßig vor ihnen einknicke beziehungsweise oder sogar mit ihnen kooperiere. Seiner Partei gab Büge den warnenden Hinweis, mit jedem Rückzug werde den Gegnern bürgerlicher Strukturen zusätzlich Raum gegeben. Dies gelte auch für seinen Fall, denn im Ergebnis sei es dabei nicht nur um Studentenverbindungen gegangen.

Auf Facebook hat sich unterdessen eine Initiative mit dem Titel „Solidarität mit Michael Büge“ gegründet. Unter dem Motto des Dichters Friedrich Rückert „Nicht was du bist, ist, was dich ehrt. Wie du es bist, bestimmt deinen Wert“ rufen die Verantwortlichen der Seite CDU-Mitglieder dazu auf, nicht zuzulassen, „daß Rückgratlosigkeit und Freundeverrat vollends zum Prinzip ihrer Partei“ würden. 2.624 Anhänger hatte die Gruppe bei Redaktionsschluß. Zum Vergleich: Innensenator und CDU-Chef Frank Henkel kommt auf 2.921 Facebookfreunde; Gesundheitssenator Mario Czaja auf 709.

Foto: Solidarität-Seite für Michael Büge bei Facebook, Sozialsenator Mario Czaja: „Aalglatter, öliger Populismus“

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