© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Zwischen Schiedsgericht und Bundestag
Alternative für Deutschland: Während der parteiinterne Streit weiterschwelt, verschärft die Union den Ton gegenüber den Euro-Kritikern
Henning Hoffgaard

Die „Aktuelle Information des Landesvorstands“ der baden-württembergischen AfD führt eigens einen einzelnen Punkt „Streitigkeiten mit einzelnen Parteimitgliedern“ auf. Die an die Mitglieder adressierte E-Mail erlaubt einen tiefen Einblick in das Innenleben der Partei. „Daß eine junge Partei auch Personen anzieht, die nur ihre Meinung gelten lassen wollen, kommt nicht überraschend“, schreibt der Landesvorstand.

Es geht vor allem um das Datum des Gründungsparteitags der AfD in Baden-Württemberg. Der fand ausgerechnet an einem Montag statt und hielt so einige arbeitstätige Mitglieder davon ab, an der Gründung teilzunehmen. „Wir wollten uns nicht dem Vorwurf aussetzen, daß diejenigen, die an Wochenenden anderweitige Verpflichtungen haben, nie teilnehmen können“, rechtfertigt sich der Landesvorstand. Auch der Ort stieß nicht bei allen Teilnehmern auf Gegenliebe. Karlsruhe habe nicht zentral genug gelegen, monieren einige Mitglieder. Dadurch seien Personen aus Baden bevorzugt und Schwaben benachteiligt worden. Was nach Provinzposse klingt, beschäftigt mittlerweile sogar das Landesschiedsgericht. Diese Anfechtungen hätten „keine Erfolgsaussichten“, wie die Parteiführung hofft.

Für Ärger sorgt hinter den Kulissen eine Personalie: Elias Mößner. Der Freiburger Student hat gegen den Landesparteitag geklagt und auch „gute Chancen auf Erfolg“, wie ein AfD-Mitglied der JF bestätigt. Mößner waren in Karlsruhe nach eigenen Angaben die Tagungsunterlagen von zwei „bulligen Ordnern“ wieder abgenommen worden, nachdem der Landesverband ihn trotz bestätigter Mitgliedschaft nicht abstimmen lassen wollte. Der Vorstand habe „von Anfang an einen demokratischen und transparenten Verlauf des Landesparteitags“ verhindern wollen, heißt es in der Klage.

Damit der Gründungsparteitag nicht annulliert wird und um weiteres Chaos zu verhindern, schaltet sich auch AfD-Chef Bernd Lucke persönlich ein. In einem ersten Telefonat verspricht er Mößner, der an der selben Universität wie Luckes Sohn studiert, die Aufnahme in die Partei, wenn der die Klage zurückzieht. „Ich habe dann eine Nacht drüber geschlafen“, sagt der Student. Der stellvertretende Landesvorsitzende Eberhard Brett macht ihm dann den Vorschlag, als Landeshochschulbeauftragter in den Vorstand aufgenommen zu werden. Ohne Stimmrecht. Nach Rücksprache mit Lucke sagt Mößner zu. Kaufen, wie einige Parteifreunde meinen, habe er sich jedoch nicht lassen. Der Landesvorstand, allen voran Elke Fein, soll von der Einmischung des Bundesvorsitzenden nicht sonderlich begeistert gewesen sein.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, auch mit Rücktritt sei gedroht worden. Der Streit sei ein „Sturm im Wasserglas“, sagte Brett der JUNGEN FREIHEIT. Er habe Mößner nie irgendwelche Angebote gemacht. Lucke wollte sich gegenüber der JF nicht äußern. Aus dem Umfeld des AfD-Chefs ist jedoch zu vernehmen, wie belastend die Streitigkeiten in den Landesverbänden auf Lucke wirken. Ein Vertrauter etwa spricht von „Idioten“, die in „allen möglichen Landesverbänden“ gegen Vorstandswahlen klagten und dem AfD-Sprecher so das Leben schwer machten. Auch der jüngst zurückgetretende baden-württembergische AfD-Landessprecher Hansjörg Scheel spricht von „Streitigkeiten“, durch die die „Arbeitsbelastung des Vorstandes“ weiter gestiegen sei.

Währenddessen hat die Partei in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Hamburg angefangen, Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Je nach Bundesland braucht sie bis zu 2.000 davon. Sollte es der Partei tatsächlich gelingen flächendeckend anzutreten, kann sie nach jüngsten Umfragen mit knapp drei Prozent der Stimmen rechnen. Besonders die Union sieht ihren Wahl-erfolg in Gefahr. „Die CDU muß die Konsequenzen deutlich machen, die die Politik der AfD für Deutschland hätte“, fordert Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Das Euro-Thema wird die Union bis zur Bundestagswahl also nicht mehr los.

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