© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Zeitschriftenkritik:
Heraus aus der Nische
Thorsten Thaler

In Europa genießt Country- und Folk-Musik amerikanischer Herkunft keinen hohen Stellenwert. Die großen Szenestars lassen sich auf hiesigen Bühnen nur selten blicken. Es gibt zwar ein paar feine, aber kleine Country-Festivals zwischen Mai und September, und seit 2011 wird nach mehrjähriger Pause auch wieder ein Deutscher Countrypreis verliehen. Insgesamt jedoch fristen diese Genres im Vergleich zu den USA ein Nischendasein.

Das ist auch den Machern der Musikzeitschrift Rookie bewußt. Eigenen Angaben zufolge bestärkte sie die Resonanz auf das im Herbst vorigen Jahres erschienene erste Heft dieses neuen Magazins für Country, Folk & Americana dennoch, ihr Projekt jetzt mit einer zweiten Ausgabe fortzusetzen. Es gebe „Anzeichen für den Steigflug“ dieser traditionellen Musikrichtungen, schreibt Redaktionsleiter Gunther Matejka in einem Editorial. Rookie wolle seinen Teil dazu beitragen, daß sich dieser Trend fortsetzt und eine „noch größere Aufmerksamkeit erfährt“.

In der zweiten Nummer (Mai 2013) berichtet das Magazin auf 98 Seiten unter anderem über Künstler wie das US-Trio Rascal Flatts, die Kanadierin Lindi Ortega, The Mavericks, Mary Chapin Carpenter, Tim McGraw, Steve Earle und den unlängst verstorbenen George Jones. Aus der deutschen Countryszene wird die Nachwuchssängerin Lisa-Marie Fischer vorgestellt. 1991 in Marburg an der Lahn geboren, erschien 2011 ihr Debütalbum, und soeben veröffentlichte sie ihr in Nashville produziertes zweites Album. Der aus Neumarkt in der Oberpfalz stammende Mark Bender (53) präsentiert sich in einem Interview. Größtes Manko der meisten Beiträge: Sie sind zu wenig tiefgründig.

Die Titelgeschichte ist der Country-Legende Willie Nelson gewidmet. „Der letzte der Country-Rebellen“, wie Nelson zu Recht gewürdigt wird, feierte Ende April dieses Jahres seinen achtzigsten Geburtstag. Seit 1956 spielt er Aufnahmen ein, inzwischen sind es rund einhundert, zuletzt erschien in diesem Frühjahr das Album „Let‘s Face the Music and Dance“. Längst genießt Nelson (Markenzeichen: hüftlanges, häufig zu Zöpfen gebundenes Haar) als sein eigenes Gesamtkunstwerk Kultstatus. Und noch immer steht der bekennende Kiffer und mit über dreißig Musikpreisen, darunter mehreren Grammys, ausgezeichnete Nelson auf der Bühne. Gerade ist er in den Vereinigten Staaten wieder auf Tour. Sein Akkorde, heißt es in dem Rookie-Beitrag, „ziehen durch die Songs wie Wolken, die die Sonne zum Spiel mit den Schatten bringen“.

Schließlich veröffentlicht das Magazin eine Liste der „50 besten Folkrock-Alben“, gewählt für Rookie von einer Jury aus Musikjournalisten. Auf Platz eins landete „Mr. Tambourine Man“ von The Byrds, gefolgt von Bob Dylans Album „Bringing It All Back Home“, beide erschienen 1965. Beigeheftet ist dem Magazin die CD „Best of Country Love Songs“ mit zehn Titeln, darunter Willie Nelson („Crazy“), Roy Orbison („Claudette“) und Johnny Cash („Give My Love To Rose“). Sie allein rechtfertigt den Kauf von Rookie aber auch nicht.

Kontakt: Axel Springer Mediahouse Berlin GmbH, Mehringdamm 33, 10961 Berlin. Das Einzelheft kostet 7,90 Euro.

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