© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/13 / 31. Mai 2013

„Wie ein Römer“
Hatte Venners Tat private Motive? Nein, meint sein Verleger Pierre de Roux
Moritz Schwarz

Herr de Roux, Dominique Venner erklärt in seinem auf dem Altar von Notre-Dame hinterlassenen Abschiedsbrief, man solle sich mit allen Fragen an Sie wenden.

Roux: Wir waren Jahrzehnte befreundet. Es ist die große intellektuelle Wertschätzung, die mich mit ihm verband.

Wußten Sie von seinem Plan?

Roux: Nein, zumal wir gerade die Fahnen seines Buches „Samurai des Abendlandes. Brevier der Unangepaßten“ korrigieren, das Ende Juni erscheint. Wer hätte gedacht, daß es testamentarischen Charakter annehmen würde!

War seine Tat wirklich rein politisch oder nicht vielleicht doch ein nur politisch verbrämter persönlicher Schritt?

Roux: Ich glaube nicht einen Augenblick daran, daß sein Freitod persönliche Gründe haben könnte.

Wie können Sie so sicher sein?

Roux: Er war weder krank, noch litt er an Depressionen, Gefühls- und Stimmungsschwankungen, sondern war ganz im Gegenteil mit seiner Familie sehr glücklich. Nein, er wollte dieser Tat einen sehr spezifischen Sinn geben. Er wollte einen Donnerschlag, der ein Bewußtwerden entfacht, angesichts eines Europas, das seiner Ansicht nach seine historische Bestimmung verloren hat.

Venner wird unterstellt, ein Extremist gewesen zu sein. Stimmt das?

Roux: Dominique Venner, ein Extremist? Er hat sich seit mehr als vierzig Jahren von allen politischen Aktivitäten ferngehalten. Dieses Kapitel hatte er definitiv abgeschlossen.

Er war also kein Radikaler, der seine Tat ebensogut auch gegen andere hätte richten können?

Roux: Das halte ich für undenkbar. Er war ein Mann des Rechts und der Ehre. Und dem Politisieren der Gegenwart spendete er nicht die geringste Aufmerksamkeit. Er hatte sich entschieden, die Welt historisch zu betrachten. Was ihn beschäftigte, war das historische Schicksal Europas und Frankreichs. Er definierte sich als „meditativen Historiker“.

Venner war von Personen, die sich politisch opferten, fasziniert. War es nicht vielleicht eher das, was ihn zu seiner Tat verleitet hat, als wirkliches politisches Wollen?

Roux: Nein, ich bin sicher, daß er mit seiner Tat eine Hoffnung verband. Jetzt müssen wir sein Werk wieder lesen, um die Tragweite zu ermessen. Ich glaube,  mit der Entscheidung, wie ein Römer zu sterben, wollte er einen Grundstein legen. Er opferte sich, um zum Nachdenken aufzufordern über das, was er als Werteverlust in Europa verstand. Er wollte dem Klang dieser Werte auf ganz persönliche Weise Widerhall verleihen. Man muß den Respekt vor den Grenzen des menschlichen Seins wiederfinden und sich verneigen vor einem zutiefst tragischen Geschehen.

 

Pierre-Guillaume de Roux, Der Sohn des Schriftstellers Dominique de Roux ist Gründer des Verlages Edition de Roux und Verleger Dominique Venners. Geboren wurde Pierre-Guillaume de Roux 1963 in Paris. 

 www.pgderoux.fr

 

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