© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/13 / 31. Mai 2013

EU-Gipfel verkündet das Ende des Bankgeheimnisses
Flucht ins Paradies
Fabian Grummes

Erst die Affäre um Uli Hoeneß und den Finanzplatz Schweiz, dann die Attacken von Premierminister David Cameron auf Steueroasen im eigenen Commonwealth, nun der EU-Gipfel zur Steuerhinterziehung. Da den EU-Staaten jährlich angeblich eine Billion Euro durch Steuerflucht entgehen, soll jeder Ausweg verschlossen werden. Das nächste Ziel der Begierde könnte Singapur heißen.

Doch um die „Steueroase“ ist keine Ödnis. Die südostasiatischen Nachbarn des Stadtstaates bieten in der Steuerpolitik klare und einfache Regeln. Dem Bürger werden nicht über die Hälfte seiner Einkünfte durch Steuern und Abgaben weggenommen. Für Singapur paßt der Begriff Paradies: Die Steuertarife passen auf einen Bierdeckel. Firmengewinne unterhalb von 300.000 Singapur-Dollar (SGD) sind mit 8,5 Prozent, darüber hinausgehende mit 17 Prozent zu versteuern. Der Spitzensteuersatz liegt bei 20 Prozent und wird oberhalb von 320.000 SGD erhoben. Der Eingangssatz beträgt zwei Prozent, die ersten 20.000 SGD werden überhaupt nicht besteuert. Eine Steuer auf Kapitalerträge und Erbschaften sucht man vergebens. Komplizierte Ausnahmeregelungen zur Steuerreduzierung gibt es allerdings keine. Das Bankgeheimnis ist noch ein solches. Wird all das Kapital künftig nach Südostasien flüchten?

Dagegen spricht ein deutsches Doppelbesteuerungsabkommen mit Singapur. In dessen Rahmen wird deutschen Behörden Amtshilfe gewährt. Allerdings bedarf es dafür eines begründeten Anfangsverdachts – und der deutsche Fiskus tut sich schwer damit, der kauft lieber fragwürdige „Steuerdaten-CDs“ an. Und wie soll der Geldtransfer ablaufen? Mit einem Tagesausflug über den Bodensee ist es nicht getan: Die Stadt der Löwen liegt zwei Ausreisekontroll- und elf Flugstunden entfernt. Wer mehr als 10.000 Euro aus der EU ausführen will, muß dies dem Zoll ankündigen – spätestens an der Sicherheitsschleuse wäre die Reise zu Ende. Eine Überweisung aus der Schweiz ist für die Steuerbehörden inzwischen jederzeit nachvollziehbar. Komplexe Konstrukte über Briefkastenfirmen und Offshore-Holdings lassen sich nur für große Firmen und Vermögen realisieren. Doch warum in die asiatische Ferne schweifen? Die britischen Kanalinseln sind nicht weit. Auch der US-Bundesstaat Delaware verfügt über prächtige intakte Geldwaschanlagen. Die große Schwarzgeldkarawane Richtung Fernost wird kaum stattfinden.

Doch auch der ehrliche Steuerbürger hat Grund, sich um sein Vermögen zu sorgen. Die Euro-Krise und der Präzedenzfall Zypern lassen Schlimmes ahnen. Ein legaler Auszug aus dem Euro-Raum ist daher ein logischer Schritt, will man verhindern, bei der nächsten „Rettung“ mit herangezogen zu werden. Darum geht es wohl wirklich beim Brandmarken von Schwarzgeldhorten. Denn wenn einmal EU-weite Kapitalverkehrskontrollen gelten, ist es zu spät für die Flucht ins Paradies.

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