© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Unappetitliche Vergangenheit
Grüne: Volker Beck wehrt sich gegen Vorwürfe, er habe Kindersex legalisieren wollen
Felix Krautkrämer

Volker Beck ist angriffslustig. Wer nicht in des Weltbild des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen-Fraktion im Bundestag paßt, sieht sich schnell Spott und Provokationen ausgesetzt. Der konservative Bundestagsabgeordnete Norbert Geis (CSU) kann ein Lied davon singen, ebenso wie die Vertriebenenchefin Erika Steinbach oder Würdenträger der katholischen Kirche. Doch seit einigen Wochen ist der bekennende Homosexuelle und Schwulenlobbyist Beck in die Defensive geraten.

Denn den 52jährigen droht die eigene Vergangenheit einzuholen. Und mit der möchte Beck heute nur noch ungern konfrontiert werden. Als CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ihn unlängst als einstigen „Vorsitzenden der Pädophilen AG bei den Grünen“ bezeichnete, zog Beck vor Gericht und erwirkte eine einstweilige Verfügung, die es Dobrindt bei einer Strafe von bis zu 250.000 Euro oder bis zu sechs Monaten Haft untersagt, die Behauptung zu wiederholen. Doch der CSU-Politiker zeigte sich davon wenig beeindruckt und kündigte an, er lasse es auf einen Prozeß ankommen. „Als die Grünen noch jung waren, hätten sie am liebsten die Gerichte angezündet. Heute rennen sie zum Gericht, weil sie Angst vor der CSU haben“, konterte Dobrindt bei Focus Online.

Seine Äußerung bezog sich auf Becks frühere Funktion in der „Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule“, deren Sprecher er bis 1994 war. Zu deren Vorläufern zählt auch die Arbeitsgruppe „Schwule, Päderasten und Transsexuelle“ (AG SchwuPs), die sich in den achtziger Jahren für die Legalisierung von Sex mit Kindern einsetzte, von der Partei aber nie als Bundesarbeitsgemeinschaft anerkannt wurde. Doch das ist bei weitem nicht das einzige heikle Detail in Becks politischer Vita. 1988 erschien unter seinem Namen ein Beitrag in dem Buch „Der pädosexuelle Komplex“. Darin sprach sich der Autor unter anderem für die „Entkriminalisierung der Pädosexualität“ aus. Diese sei „dringend erforderlich“. Gleichzeitig regte er an, das Schutzalter Minderjähriger von 14 Jahren zur Disposition zu stellen.

Von dem Text hat sich Beck seit längerem distanziert. Dieser sei unautorisiert und durch den Herausgeber verfälscht abgedruckt worden. Fragen der JUNGEN FREIHEIT möchte der Grünen-Politiker nicht beantworten. Weder, wie es zu dem Artikel kam, noch, an welchen Stellen genau der Herausgeber seinen Beitrag verändert habe. Ein Mitarbeiter verweist lediglich auf eine Stellungnahme auf Becks Internetseite.

Dort schreibt der Bundestagsabgeordnete, seiner Erinnerung nach sei das „Justitiariat der Grünen Fraktion damals gegen Verlag und/oder Herausgeber vorgegangen“. Die Verbreitung des Buchs habe man nicht verhindern können, eine Neuauflage des Werks mit dem Artikel sei aber untersagt worden. Unterlagen aus der Zeit habe er leider nicht mehr. Ihn ärgere es, so Beck, daß er das Manuskript nicht aufbewahrt habe.

Erledigt ist das Thema damit aber noch nicht. Ende Mai beschloß der Vorstand der Grünen, die Rolle von Pädophilie-Befürwortern in der Anfangszeit der Partei untersuchen zu lassen. Den Forschungsauftrag erhielt der Göttinger Politikwissenschaftler Franz Walter. Anlaß ist die Debatte um die Verleihung des Theodor-Heuß-Preises an den Grünen Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit (JF 19/13). Diese war im April von CDU und FDP wegen Cohn-Bendits früherer Äußerungen über Intimitäten mit Kindern scharf kritisiert worden. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte daraufhin eine entsprechende Untersuchung über den Einfluß von Pädophilen in der Frühphase seiner Partei angeregt.

Vergangene Woche berichtete der Spiegel, daß bei den Grünen in den achtziger Jahren auch ein verurteilter Kinderschänder aktiv war, der für straffreien Sex zwischen Erwachsenen und Kindern warb. Dabei handelte es sich um den letzten Koordinator der AG SchwuPs, Dieter Ullmann, der mindestens sechsmal wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern verurteilt wurde. Ab 1980 saß Ullmann mehrfach im Gefängnis, trotzdem war er in dieser Zeit auch weiter für die Grünen aktiv, zuerst auf Landes- und ab 1985 auf Bundesebene. Ullmann war Mitglied der Alternativen Liste in West-Berlin, dem Landesverband der Grünen.

In der AL fand der Päderast Unterstützung für seine Neigung. 1981 forderte sie im Wahlprogramm, die Paragraphen 174 und 176 des Strafgesetzbuchs (Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen) dahingehend zu ändern, daß „nur Anwendung oder Androhung von Gewalt oder Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses bei sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen sind“.

Heute wollen grüne Politiker, die schon in den achtziger Jahren in der Partei aktiv waren, nichts mehr von Ullmann wissen. Beck beispielsweise sagte, er könne sich nur vage an „einen aus der Pädo-Gruppe“ erinnern. Cohn-Bendit dagegen kannte Ullmann. In der Zeit kündigte er 1981 an, es werde ein „Spaß“, wenn die AL bei der Wahl in Berlin zehn Prozent der Stimmen gewinne. „Dann kommt nämlich Dieter Ullmann, der jetzt im Knast sitzt, in das Berliner Abgeordnetenhaus. Den werden wir zum Bundestagskandidaten machen“, frohlockte Cohn-Bendit damals.

Foto: Volker Beck (Grüne) während einer Rede im Bundestag: Angriffslustig gegen Konservative

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