© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Wüterich und Narr
Hitlergruß: Die Staatsanwaltschaft Kassel hat gegen den Künstler Jonathan Meese einen Strafbefehl beantragt
Thorsten Thaler

Weil er bei einem öffentlichen Gespräch zum Thema „Größenwahn in der Kunst“ im Juni vorigen Jahres den Hitlergruß zeigte, hat die Staatsanwaltschaft in Kassel jetzt gegen den Künstler Jonathan Meese einen Strafbefehl erlassen. Das Amtsgericht Kassel muß nun entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Geldstrafe gegen den 43jährigen verhängt wird. Sollte Meese dann den Strafbefehl akzeptieren und die Strafe zahlen, wäre die Sache für ihn erledigt. Anderenfalls müßte er sich in einem Prozeß vor dem Amtsgericht verantworten.

Mehrere Indizien deuten nun darauf hin, daß Meese es genau darauf ankommen lassen will. Der Spiegel zitiert ihn diese Woche mit den Worten: „Kunst steht über den Dingen, Kunst kann man gar nicht anklagen, da sie Evolution ist. Kunst ist die Gegenwelt.“ Seit Jahren wütet Meese gegen die Demokratie und propagiert eine „Diktatur der Kunst“. Auch den Hitlergruß zeigte der „Künstler mit Nazi-Fetisch“ (Die Welt) bereits wiederholt auf Bühnen, um sein Anliegen zu untermauern.

Vorigen Donnerstag nun plazierte Meese auf seiner zum Teil in großen Frakturlettern gehaltenen Internetseite „aus gegebenem Anlaß“ eine handschriftlich hingekrakelte, satte 45 Seiten umfassende „Grundsatzerklärung“. Darin fällt der Wüterich noch einmal über die „Weltpest Demokratie“ her. Sie züchte gesichtsloseste Menschen ohne Haltung. O-Ton Meese: „Der ‘Demokrat’ ist der weltgleichgeschaltetste Mensch aller Zeiten. Der ‘Demokrat’ ist das Zuchtergebnis des optimiertesten Mittelmaßes. (…) Die ‘Demokratie’ erzeugt die ich-versautesten Menschen aller Zeiten. (…) Die Massenindividualismusorganisation Demokratie ist letztlich ein Selbstvernichtungsprogramm.“ In diesem Stil geht es munter weiter und weiter – von anderen völlig verquasten Passagen ganz zu schweigen.

Meese jetzt wegen der „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ strafrechtlich zu belangen, heißt nur, dem Narren auf den Leim zu gehen. Andererseits: Ein Prozeß gegen ihn verspricht sicher einen hohen Unterhaltungswert.

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