© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

CD: Timo Tolkki
Rückkehr in den Olymp
Thorsten Thaler

Wir schreiben das Jahr 2055. Die meisten großen Städte sind entweder durch Tsunamis oder Erdbeben und Brände zerstört worden. Die gesamte Infrastruktur und sämtliche Kommunikationsnetze sind zusammengebrochen. Eine kleine Schar Überlebender macht sich auf die Suche nach einem heiligen Ort, der als „The Land of New Hope“ bekannt ist. Er kommt in einem alten Märchen vor, das man sich seit Jahrzehnten erzählt, aber nur sehr wenige haben jemals an seine Existenz geglaubt. Während ihrer gefährlichen Reise treffen die Überlebenden auf eine Seherin, von der sie erfahren, daß der Ort tatsächlich existiert. Er wird von einem Wächter beschützt, und nur diejenigen, die reinen Herzens sind, können an ihm vorbei. Die Gruppe zieht weiter ihrem endgültigen Schicksal entgegen ...

Der finnische Musiker Timo Tolkki erzählt auf seinem neuen Album „The Land of New Hope“ eine Science-fiction-Allerweltsgeschichte. Aber darauf kommt es nicht an. Für den 47jährigen kann die Veröffentlichung die Rückkehr in den Metal-Olymp bedeuten. Denn eigentlich war Tolkki bereits weg vom Fenster. Viele Jahre hatte er als Lead-Gitarrist und Kopf der Power-Metal-Band Stratova-rius Erfolge gefeiert. Alben wie „Visions“ (1997), „Destiny“ (1998), „Infinite“ (2000) oder „Elements Part I + II“ (2003) erreichten in Finnland vordere Chart-Plazierungen. Dann machten sich bei Tolkki psychische Probleme bemerkbar; er selbst sprach jetzt in einem Interview mit der Musikzeitschrift Rockhard von einer bipolaren Störung. Tolkki erlitt einen Nervenzusammenbruch, mußte sich ärztlich behandeln lassen. 2007 stieg er bei Stratovarius aus.

Danach unternahm er diverse Anläufe, wieder Grund unter die Füße zu bekommen. Er gründete die Band Revolution Renaissance, mit der er zwischen 2008 und 2010 drei ordentliche Alben veröffentlichte. Der Widerhall blieb jedoch überschaubar. 2011 versuchte er es mit der Band Symfonia, die er wegen Erfolglosigkeit nach nur einer Platte auch wieder auflöste. Zu diesem Zeitpunkt, sagte Tolkki in dem Rockhard-Gespräch, „war ich vollkommen am Boden und der Überzeugung, daß die Art von Musik, die ich gerne spiele, offenbar wirklich kaum noch jemanden interessiert“.

Doch nun will er es unter dem Projektnamen Timo Tolkki’s Avalon noch einmal wissen. „The Land of New Hope“ soll der erste Teil einer Trilogie sein, wobei die Geschichte von ihrem Ende her erzählt wird. Das Album bietet symphonischen Melodic-Metal, gespickt mit einer illustren Schar von Gastsängern: Michael Kiske (Ex-Helloween), Elize Ryd (Amaranthe), Rob Rock, Russell Allen (Symphony X), Sharon Den Adel (Within Temptation) und Tony Kakko (Sonata Arctica).

Kein Wunder also, daß besonders einige Gesangslinien aufhorchen lassen, zum Beispiel in dem poppigen Refrain von „Enshrined in My Memory“ oder dem Chorus „We Will Find a Way“. Die beiden Balladen „In the Name of the Rose“ und „I’ll Sing You Home“ dürften hingegen nicht jedes metallische Herz höher schlagen lassen. Doch auch wenn Tolkki kompositorisch nicht in allen zehn Stücken zu überzeugen weiß, sollten Fans von Avantasia (JF 20/13) sowie der frühen Alben von Helloween und Stratovarius ein Ohr riskieren.

Timo Tolkki’s Avalon, The Land of New Hope Frontiers Records, 2013 www.frontiers.it

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