© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Frisch gepresst

Beim Duce. Im Gegensatz zu seinem deutschen Diktator-Kollegen wußte sich der dienstältere italienische „Duce“ Benito Mussolini als gütiger Imperator zu inszenieren, als Mann von Welt, von Geist und Kultur. Wichtigstes Instrument, um die öffentliche Meinung und das Urteil vor allem der deutschen Führungseliten zu beeinflussen, war das Ritual einer „Audienz beim Duce“. Der Faschismus-Kenner Wolfgang Schieder hat aus dem Zeitraum zwischen 1927 und 1942 drei Dutzend Berichte über dieses Ritual zusammengetragen. Die illustre Reihe jener, die der schauspielerisch hochbegabte Duce im Palazzo Venezia empfing, reicht von Carl Schmitt zu Rudolf Borchhardt, von Emil Ludwig, Theodor Wolff, Leni Riefenstahl und Elly Beinhorn über Heinrich Brüning und Edgar J. Jung bis zu Joseph Goebbels und Ernst Niekisch. Jedem Besucher habe er das Gefühl vermittelt, „nur auf ihn und gerade auf ihn gewartet zu haben“. Tatsächlich sei ihm nur daran gelegen gewesen, auch kritische Teilnehmer an diesem höfischen Zeremoniell zu instrumentalisieren, damit sie den „Saal der Weltkarten“ als „Botschafter des Faschismus“ verließen. (wm)

Wolfgang Schieder (Hrsg.): Mythos Mussolini. Deutsche in Audienz beim Duce. Oldenbourg Verlag, München 2013, gebunden, 404 Seiten, 39,80 Euro

 

Kulturumsturz. Europas Umwandlung in eine „multikulturelle Gesellschaft“ ist für den US-Publizisten Kevin B. MacDonald nur im Rahmen einer Diskussion über „Judaismus und westliche Zivilisation“ zu verstehen. Allein dieser gewagte Ansatz, primär das in den Zentren der Weltmacht USA überwiegend zionistisch konditionierte Judentum als Motor der auf den „Weltstaat“ zulaufenden Globalisierung zu identifizieren, beschränkt seine Publizistik in Deutschland auf die Resonanz kleiner Zirkel. Das „jüdische Modell“ plutokratischer Herrschaft in „weltoffenen Einwanderer-Gesellschaften“ ist hierzulande kein Thema, für das je „Diskurslizenzen“ (Günter Scholdt) erteilt würden. MacDonalds herausfordernde, mit vielen Fakten abgestützte Betrachtungen berührt sich zudem mit den heftig attackierten Stellungnahmen zur „Israel-Lobby“ oder der „Holocaust-Industrie“ von Mearsheimer, Walt, Novick und Finkelstein. Spätestens an dieser Stelle dürfte bei einigen Hoheiten des Diskurses die Schnappatmung einsetzen. (kg)

Kevin B. MacDonald: Die Kultur der Kritik. Aufsätze über die Kultur des Abendlandes, jüdischen Einfluß und Antisemitismus. Verlag libergraphix, Gröditz 2012, broschiert, 377 Seiten, 22,80 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

7. Juni 1973: Gegen die Stimmen der CDU/CSU-Opposition beschließt der Bundestag die Reform des Sexualstrafrechts. Insbesondere die Paragraphen 181 (Kuppelei) und 175 (Unzucht zwischen Männern) werden gelockert bzw. weitgehend außer Strafe gestellt.

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