© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Agitation mit Fördermitteln
Eine abstruse Habilitation in Gendertheorie
Lydia Conrad

Die Berliner Gender-Theoretikerin Gabriele Dietze ist der Archetyp einer akademischen Konjunkturritterin, die nun schon seit 1971 von nahezu kontinuierlich fließenden Fördermitteln und Stipendien zehrt. Zugleich bezeichnet sie sich ganz offen als Feministin, der es „zur zweiten Natur geworden“ sei, „das Private politisch zu sehen und die Wissenschaft persönlich zu nehmen“.

Und genau deshalb ist ihre letztlich gleich fünffach geförderte, aber dennoch erst jetzt als Buch erschienene Habilitationsschrift von 2003, in der es um die Zusammenhänge zwischen Rassen- und Frauendiskriminierung in den USA im Zeitraum von 1840 bis 2000 geht, auch sehr viel weniger analytisch als polemisch geraten. So wimmelt es beispielsweise von unwissenschaftlichen und plump agitatorischen Leitthemen wie „Sklaverei des Geschlechts“ oder „Sklaverei der Ehe“.

Am meisten kritikwürdig ist freilich, daß das Werk stellenweise auf eine ausgemacht empörende Weise Partei ergreift. So gerät der nationale Aufschrei des Entsetzens nach einer extrem brutalen Gruppenvergewaltigung und Verstümmelung einer weißen Joggerin im New Yorker Central Park durch mehrere junge Farbige bei Dietze doch tatsächlich „zu einer sexualisierten Metapher für die weiße Paranoia, in den Städten schwarzer Kriminalität ausgesetzt zu sein“.Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, stilisiert die Autorin dann auch noch die expliziten Vergewaltigungsaufrufe des schwarzen Moslems und Malcolm-X-Verehrers Eldridge Cleaver zur „ästhetischen Revolte“ hoch.

Ebenso unsinnig und an den Haaren herbeigezogen ist die im Anhang gebotene Interpretation der Gender-Theoretikerin, was die zunehmende öffentliche Kritik an Barack Obamas Politik betrifft. Statt sich mit den wirklichen Gründen hierfür zu befassen, fabuliert sie davon, daß sich nunmehr „das unausgesprochene Weißseinsgebot hegemonialer Männlichkeit wieder mehr in den Vordergrund“ schiebe.

Spätestens an diesem Punkt stellt sich die Frage, wieso es kein wirksames Korrektiv in der deutschen Wissenschaftslandschaft gibt, welches dafür sorgt, daß die Formulierung derartiger Platitüden nicht länger mit öffentlichen Geldern alimentiert wird.

Gabriele Dietze: Weiße Frauen in Bewegung. Genealogien und Konkurrenzen von Race- und Genderpolitiken. Transcript Verlag, Berlin 2013, broschiert, 522 Seiten, 35,80 Euro

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