© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Haltungsnote
Glücklich mit neuem Gesicht
Christian Rudolf

Aesha Mohammadzai. Das einst schöne afghanische Mädchen mit dem Nüsternloch über den Lippen. Ihr eigener Ehemann hatte ihr mit einem Rasiermesser Nase und Ohren abgeschnitten, wollte sie verbluten lassen. Das Porträt ihres entstellten Antlitzes gewann den „World Press Photo Wettbewerb“ 2010. Auf dem Titelbild des Time-Magazins entsetzte es die Welt und illustrierte mehr als tausend Worte den frauenfeindlichen Steinzeit-Islam der Taliban.

Aesha konnte dank der Präsenz von Nato-Soldaten ihren Peinigern entkommen und lebt heute in einer afghanischen Pflegefamilie im US-Bundesstaat Maryland. Ärzte haben der schwer traumatisierten 22jährigen nun nach mehreren Operationen zu einer neuen Nase verholfen. Ein Anfang ist gemacht. Doch leider ist damit nichts einfach wieder gut. Die Mühen der Chirurgen in allen Ehren – ihre Ohren sollen auch noch nachgebildet werden –, aber das Ergebnis zeigt, daß die Schönheit, mit der Gott sie schuf, durch Menschen nicht nachzumachen ist. Und die Verstümmelungen an der Seele, die schrecklichen Erinnerungen, die Aesha in Alpträumen verfolgen – manches heilt vielleicht erst in Jahrzehnten, wenn überhaupt.

Aesha durfte in ihrer Heimat nie lesen und schreiben lernen. In New York, wo sie eine Zeitlang liebevolle Aufnahme fand, machte sie im Englischen anfangs Fortschritte, muß sich inzwischen aber wieder dolmetschen lassen. Ihre Psychologin, die ihr zur Seite steht, beschreibt sie als labil, Stimmungsschwankungen machen ihr zu schaffen, oft verkriecht sie sich im Haus. „Ich habe in meinem Leben viel gelitten“, sagt Aesha.

Trotz allem ist sie optimistisch, lebensmutig. „Ich bin so glücklich mit meinem neuen Gesicht.“ Später einmal will sie sich für geschundene Frauen einsetzen und sie ermuntern, stark zu sein. „Niemals aufzugeben“ ist ihre Botschaft.

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