© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/13 / 14. Juni 2013

Routinierter Streitschlichter
„Alternative für Deutschland“: Auch in Hessen gelingt es Parteichef Bernd Lucke, interne Auseinandersetzungen zumindest vorerst zu beenden
Henning Hoffgaard

Konrad Adam klingt hörbar erleichtert: „Die Vermittlung von Bernd Lucke hat gewirkt.“ Zusammen war es den beiden Vorsitzenden der „Alternative für Deutschland“ (AfD) am Wochenende gelungen, die Reihen des hessischen Landesverbands auf dem Parteitag in Kassel zu schließen. Im Vorfeld hatte es interne Zwistigkeiten über Posten, Mandate und Macht gegeben. Mal wieder.

Das Mittel war so einfach wie wirksam: Lucke legte den beteiligten Streithähnen eine Friedenspflicht auf. Widerspruch gab es keinen. Also kam es, wie es bei der AfD in den vergangenen Wochen immer kam. Der Streit wurde auf Druck der Basis begraben. Die Mehrheit sammelte sich wie schon in Berlin hinter einem Konsenskandidaten. In Kassel war das Adam. Der konservative Publizist erhielt 210 von 254 abgegebenen Stimmen und führt die AfD auf Platz eins der Landesliste in den Wahlkampf. „Die heiße Phase beginnt vier Wochen vor dem Wahltermin“, sagte Adam der JUNGEN FREIHEIT. Bis dahin hat die Partei noch viel zu tun, Unterstützungsunterschriften müssen gesammelt werden. Die Zeit drängt. Schon Mitte Juli müssen diese bei den Wahlleitern abgegeben werden.

Daß die AfD in Umfragen derzeit auf knapp drei Prozent kommt, beunruhigt Adam nicht. „Denen glaube ich nicht“, sagt er lachend. Entscheidend sei das Ergebnis. Nur ein Punkt macht ihm doch etwas Sorgen. „Wir haben in Hessen mit der gleichzeitigen Bundes- und Landtagswahl eine spezielle Situation.“ Ein Doppelwahlkampf also. Für die neugegründete Partei dürfte das eine Herausforderung werden. Gerade auch finanziell. Allein der Parteitag in Kassel hat etwa 21.000 Euro verschlungen. Die Mitgliederzahl liegt in Hessen bei etwa 1.500, Tendenz steigend.

Während die AfD in Hessen den Wahlkampf noch vorbereitet, ist er knapp 240 Kilometer weiter südlich bereits voll entbrannt. Vor allem gegen die Euro-kritische Partei. Im beschaulichen Neustadt an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz sollte die AfD eigentlich am vergangenen Wochenende am „Hambacher Fest 2.013“ teilnehmen und zusammen mit der Piratenpartei, der libertären Partei der Vernunft und der globalisierungskritischen Attac über die Demokratie im 21. Jahrhundert diskutieren. Hieß es ursprünglich noch, es sollten „verschiedene Meinungen auf dem Podium“ vertreten sein, legten die Veranstalter von Attac kurz vor Beginn der Veranstaltung den Rückwärtsgang ein und luden die AfD aus.

Stolz berichtete der Landesschatzmeister der Piraten, Lars Matti, in der Regionalpresse, wie er die anderen Teilnehmer unter Druck gesetzt habe, nicht mit Personen von der Euro-kritischen Partei zu sprechen. Mitglieder derPiratenrpartei hatten über den Kurznachrichtendienst Twitter angekündigt, den AfD-Teilnehmer auszubuhen und nicht zu Wort kommen zu lassen. Schließlich beugten sich die Organisatoren und argumentierten, „rechtspopulistische Auffassungen“ dürfe kein Forum gegeben werden. Die rheinland-pfälzische AfD sprach daraufhin von einem „beschämenden Verständnis von Demokratie“. Die Begründung der Absage klinge wie das „Kommunistische Manifest“, kritisierte der Landesverband. Die Organisatoren des namensgebenden Hambacher Festes, bei dem die bürgerliche Opposition 1832 ihre Forderung nach nationaler Einheit formulierte, würden sich im Grab herumdrehen, kritisierte die AfD.

In Hamburg läuft die Vorbereitung zumindest derzeit besser. „Zehn Prozent“ kann sich AfD-Landeschef und Spitzenkandidat Jörn Kruse dort bei der Bundestagswahl vorstellen. Deutschlandweit seien sechs bis sieben Prozent möglich. Wichtigstes Wahlkampfthema für den Wirtschaftsexperten Kruse ist vor allem die Euro-Rettung. Oder besser gesagt: „Die gescheiterte Euro-Rettung.“ Die südeuropäischen Krisenstaaten sollen den Euro-Raum verlassen, lautet die Hauptforderung. Derzeit litten diese vor allem durch die Sparvorgaben der internationalen Gläubiger und verlören ihre „nationale Souveränität“.

Grund zur Euphorie haben die Hamburger auch aus anderen Gründen. Die benötigten 1.257 Unterschriften für die Landesliste hat die Partei nach JF-Informationen zusammen. „Wir haben den Vorteil, daß hier alles sehr kompakt ist.“ Nun wollen die Hamburger auch den benachbarten Landesverbänden helfen. Auch Bundessprecher Konrad Adam ist zuversichtlich: „Die Leute müssen wollen. Ich kann für mich sagen: Ich will!“

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