© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/13 / 14. Juni 2013

Ursula von der Leyen gibt den Ton an
Adoptionsrecht: Die Union ringt um die völlige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe
Thorsten Brückner

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das Ehegattensplitting für homosexuelle Paare zu öffnen, streitet die Union über eine Angleichung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Das gemeinschaftliche Adoptionsrecht ist der letzte noch ausstehende rechtliche Unterschied zwischen Ehe und sogenannten eingetragenen Lebenspartnerschaften, nachdem Karlsruhe bei der Stiefkindadoption und der Sukzessivadoption bereits Angleichungen vorgenommen hatte.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) möchte diesen Unterschied am liebsten noch vor der Sommerpause beseitigen. „Ich kenne keine Studie, die sagt, daß es Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen, anders geht als Kindern, die in gemischtgeschlechtlichen Ehen aufwachsen“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Heftigen Widerspruch erntete sie für ihre Aussagen vom hessischen CDU-Fraktionsvorsitzenden Christean Wagner, der zum konservativen Flügel der Partei zählt. „Ein generelles Adoptionsrecht für Homosexuelle steht bei der Union nicht auf der Tagesordnung, und ich lehne dieses auch entschieden ab.“

Unterstützung erhält Wagner dabei selbst von Teilen des liberalen Flügels der Christdemokraten. Kinder hätten das Recht auf Unterschiedlichkeit, auf Vater und Mutter, sagte der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Armin Laschet dem Spiegel. „Dies prinzipiell auszuschließen, um jemandem ein individuelles Recht auf Gleichstellung zu geben, halte ich für falsch“, sagte er. Die Schwesterpartei CSU schloß unterdessen eine Gesetzesinitiative zum Adoptionsrecht noch vor der Bundestagswahl aus. „Hier darf es keinen Schnellschuß geben. Nötig ist eine sehr sorgfältige Prüfung“, sagte Parteichef Horst Seehofer der Bild am Sonntag. „Wir sollten diese Frage in aller Ruhe im Herbst im Bundestag beraten“, ergänzte er. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeld, ging noch weiter. „Beim Thema Adoptionsrecht werden wir nur handeln, wenn und soweit das Bundesverfassungsgericht es uns auferlegt“, stellte sie klar.

Forderungen nach vollständiger Angleichung kommen unterdessen vom Koalitionspartner. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser Schnarrenberger (FDP) nannte die eingetragene Partnerschaft „eine Bereicherung für unsere moderne Gesellschaft“. „Überall, wo in Gesetzen von der Ehe die Rede ist, nehmen wir einfach die Lebenspartnerschaft dazu“, verlangte die Ministerin.

Die Opposition setzt in der Frage derweil zum Frontalangriff auf die Regierung an. Die Grünen warfen CSU-Chef Seehofer eine Politik der „Abwertung und Verachtung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften“ vor und kündigten an, im Bundestag einen Änderungsantrag einzubringen, der das gemeinschaftliche Adoptionsrecht durchsetzen soll.

Karlsruhe hatte in der vergangenen Woche geurteilt, die Ungleichbehandlung beim Ehegattensplitting verstoße gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Das Gericht forderte den Bundestag zudem zu einer Änderung der entsprechenden Regelung rückwirkend bis zum Jahr 2001 auf. Die Unionsfraktion im Bundestag hat angekündigt, dazu noch vor der Bundestagswahl einen Gesetzentwurf einzubringen.

Zwei der acht Richter hatten in einem Sondervotum einen größeren Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers gefordert. Auch hielten sie eine rückwirkende Regelung bis ins Jahr 2001 für falsch, da ihrer Überzeugung nach erst in der Überarbeitung des Gesetzes über eingetragene Lebenspartnerschaften 2005 eine rechtliche Angleichung an die Ehe vorgenommen wurde.

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