© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/13 / 21. Juni 2013

CD: C. M. von Weber
Gesellige Lieder
Sebastian Hennig

Zwei Dutzend heitere und gemütvolle Gitarrenlieder von Carl Maria von Weber haben die Sängerin Andrea Chudak und ihre Begleiterin Lidiya Naumova an zwei Tagen im Frühsommer im Neuberinhaus in Reichenbach aufgenommen. Es sind keine musikalischen Miniaturen für kunstsinnige Hörer. Ein leichtsinniges Gestürme befördert die Tanzlust.

„Schenkt mir amal bayrisch ein, woll’n amal lustig sein, bayrisch muß sein“, fordert der Bettler im Lied, derweil sein Weib das nötige Kleingeld dafür auftreiben muß: „was sie erbettelt hat, tu i versaufa.“ Zwischen träumerischem Gemüt („Heimlicher Liebe Pein“) und wildem und ausgelassenem Treiben („Mein Schatzerl is hübsch“) bewegen sich diese zum Gebrauch verfaßten Musiken. Andrea Chudak singt sie entsprechend ungekünstelt und mit schlichter Anmut.

Die Lieder verdanken unterschiedlichen Anlässen ihre Entstehung. So wurden einige beliebte Klavierlieder von Weber für die beweglichere Gitarrenbegleitung vereinfacht, andere Lieder wuchsen während der Klimperei im geselligen Zusammensein und wurden dann nachträglich schriftlich fixiert. Das ist vielen anspruchslosen Textzeilen anzumerken, wenn wiederholt von heimlicher Liebe die Rede ist, von der niemand etwas weiß.

Weber war ein gitarrenspielender Sänger von großer Ausdruckskraft. In geselligen Runden wurde gemeinsam gesungen, getrunken und gefeiert. Das vermeintlich Läppische noch eröffnet Abgründe, denen sich das heutige Komfortleben in seinem Unterhaltungsteil nicht mehr stellen mag: „Schlaf, Herzenssöhnchen, mein Liebling bist du. Schließe die blauen Guckäuglein zu. Alles ist ruhig, ist still wie im Grab, schlaf nur, ich wehre die Fliegen dir ab.“

Der Grabmetaphorik wohnt etwas Erlösendes inne, das uns abhanden gekommen ist. Seit die Kindersterblichkeit auf ein Minimum reduziert ist und der Tod immer weiter in zeitliche Ferne gerückt, ist auch das Sterben selbst immer unvertrauter und unheimlicher geworden. Die tiefe klare Einsicht des frühromantischen Geistes in die Vergänglichkeit, die den Augenblick vergoldet, durchweht all diese Lieder.

Dabei sind es, wie oft auch bei Schubert, nicht die erstklassigen Dichter, die Weber hier vertont hat. Die berühmtesten darunter sind noch Martin Opitz und August von Kotzebue. Weber, der selbst ein geistreicher und wortgewandter Autor war, wußte wohl, was er zum Zweck des unterhaltenden Liedes brauchte. Es sollte zünden und treffen, und zwar sofort. Da gelten andere Gesetze als auf der Hoftheaterbühne.

„Heisasasa, la, la, trallalala hopsasasa“, tönt es im „Schwäbischen Tanzlied“. Es endet mit der Aufforderung: „Hell auf, ihr Brüder, Söhne des Schwabenlands, schlänkert die Glieder! Michel und Franz! Schlingt eure Mädchen um, walzet im Tanz herum!“ Es bedurfte nur eines Spielmanns, der ein Instrument und hinreichend Melodien dieser Art parat hatte, und schon stieg eine lustige Sause.

Bei den letzten Versen von „Heimlicher Liebe Pein“ werden sich Carl und Caroline vielleicht schelmisch angeblickt haben: „Sie haben mich gezwungen zu einem ehrlichen Mann, den ich nicht geliebt, das macht mir ja mein Herz so betrübt.“ Das Künstlerleben von Komponist und Sängerin war nicht sorglos.

Carl Maria von Weber, Lieder Antes, 2013 www.bella-musica-edition.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen