© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/13 / 21. Juni 2013

Klassisch und modern
Mozartfest Würzburg: Ein Glanzlicht unter den europäischen Musikfestspielen
Werner Dremel

Schon wenn man das handliche und übersichtliche Gesamtverzeichnis mit dem elegant-vornehmen Umschlag in Weinrot mit Silberaufdruck in die Hand nimmt, kommt Vorfreude beim Studium des reichhaltigen Programms auf. Das Mozartfest in Würzburg kennzeichnet eine gelungene Mischung aus Sinfonien und Solistenkonzerten, Kammermusik, Ballett und Oper, Kirchenmusik, Dichterlesungen, nicht zu vergessen Sonderveranstaltungen für Kinder.

Das weitgefächerte Programm umfaßt Werke der Klassik, Romantik und Neuzeit. Schon lange wird das Fest bereichert durch Mozarts Zeitgenossen, Deutsche, Italiener, Tschechen, aber auch Komponisten der Moderne.

Ein erster Höhepunkt des Festes war bereits Anfang Juni der Auftritt des Pianisten Rudolf Buchbinder. Er spielte zusammen mit den Bamberger Symphonikern, die er gleichzeitig selbst dirigierte, wie zur Zeit Mozarts oft üblich, drei Konzerte: von Mozart Nr. 23 in A-Dur, KV 488, und Nr. 20 in D-Moll, KV 466, sowie das 1. Klavierkonzert von Beethoven, in C-Dur, opus 15.

Es ist selten, daß ein Solist den ganzen Konzertabend allein bestreitet, aber Buchbinder kann sich das ohne weiteres leisten. Er gehört zu den ganz großen Interpreten der Wiener Klassik – Haydn, Mozart, Beethoven. Sein Spiel ist selbstverständlich, klar, unprätentiös, nie aufgesetzt. Das ist die hohe Kunst, das Geheimnis dieser Musik. Sie verträgt nur wenig individuelle Ausschmückungen, wie es die Romantik bis zu einem gewissen Grad durchaus zuläßt.

Zwischen dem D-Moll-Konzert Mozarts und dem ersten Klavierkonzert Beethovens sieht man deutlich die Entwicklungslinien zwischen beiden Genies. Bei Mozart klingt Beethoven bereits an, und bei Beethoven, besonders im ersten und auch zweiten Satz, ist der Einfluß Mozarts nicht zu überhören. Dagegen ist das Konzert Nr. 23, obwohl etwa zur selben Zeit entstanden, ein „typischer Mozart“, lebensfreudig und ungemein farbig in seiner Thematik; dazu wählte der Komponist gern die Tonart A-Dur.

Gemäß dem diesjährigen Motto des Mozartfestes „Herr Mozart tanzt“ widmete am Tag darauf das italienische Kammerorchester Sonatori de la Gioiosa Marca sein Konzert dem Tanz, und dem tänzerischen Element an sich in der Musik. Das Programmheft sagt dazu treffend: „Es ist der Tanz, dem unsere klassische Konzertmusik den ersten Impuls und die Dynamik ihrer Entwicklung verdankt.“

Die Reichhaltigkeit der Musik Italiens zur Zeit Mozarts und in der ganzen Epoche über hundert Jahre davor ist ja zur Genüge bekannt. Corelli und besonders Vivaldi sind zwar dem Musikliebhaber vertraut wie die Komponisten des eigenen Landes. Aber Merula, Marini, Reali sind Namen, die nur Fachleute kennen. Das Musikleben der Zeit zwischen 1700 und 1800, also des Barock und der Klassik, hatte in Europa, besonders in Deutschland und Italien, so viele ausgezeichnete Vertreter wie wohl sonst in keiner anderen Kulturepoche. Man ist immer wieder erstaunt, was da geboten wurde. Hätte es die alles überstrahlenden Sterne am Himmel, Bach und Händel, Vivaldi, Mozart, Haydn und Beethoven nicht gegeben, stünden eben Corelli, Salieri oder Wanhal und viele andere im Zentrum der Verehrung.

Die Sonatori brachten verschiedene Tanzformen dieser Zeit wie Chaconne, Passacaglio und Folia von italienischen Komponisten, dann Kontertänze und ein Menuett von Mozart. Der italienische Stargeiger G. Carmignola sorgte für Höhepunkte: Vivaldis Violinkonzert in D-Dur und das erste Violinkonzert von Mozart in B-Dur, KV 207, die er beide mit großer Einfühlsamkeit und beachtlicher Virtuosität spielte.

„Bei den Nachtmusiken verbindet sich Mozarts wunderbare Musik auf einzigartige Weise mit der Natur und der barocken Architektur.“ Dieser Satz aus dem Programm enthält in seiner Kürze alles, was zu den Nachtmusiken im Hofgarten der Residenz zu sagen ist. Kultur und Musik, Architektur, Plastik und Natur wirken vollendet zusammen, wie an nur wenigen Festspielorten Europas

Das Philharmonische Orchester Würzburg und sein Generalmusikdirektor Enrico Calesso aus Italien zeigten ihr ganzes Können. Auf die Serenade der Serenaden schlechthin, die obligate „Kleine Nachtmusik“, folgte eine Suite aus verschiedenen Tanzsätzen aus Werken Mozarts, zusammengestellt vom Dirigenten. Als Solist des Abends spielte Peter Herteux virtuos auf seinem Instrument ein seltener gehörtes Werk, das Konzert für Fagott und Orchester von Carl Maria von Weber.

Auf Beethovens Ballettmusik aus „Die Geschöpfe des Prometheus“ folgte die „Pulcinella“-Suite von Igor Strawinsky. Das Werk überzeugt durch Einfallsreichtum und spielerische Eleganz und paßt dadurch ganz in den Gesamtrahmen der Nachtmusik. Das Publikum dankte dem Orchester und seinem Dirigenten begeistert für die fulminante Darbietung des Werkes mit anhaltendem Beifall.

Fazit: Das Mozartfest bleibt guter Festspieltradition treu. Klassisch und modern, aber nie modernistisch, ist Würzburg zu einem Pflichttermin auf dem Festspielkalender geworden.

Das Mozartfest Würzburg geht noch bis zum 30. Juni. Weitere Informationen unter anderem zum Programm im Internet:

www.mozartfest-wuerzburg.de

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