© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/13 / 21. Juni 2013

Lockerungsübungen
Costa Ikea statt Costa Brava?
Karl Heinzen

Der Platz Puerta del Sol ist das Herz Madrids und zugleich der Nullpunkt, von dem aus die Länge der spanischen Nationalstraßen gezählt wird. Zehntausende von Passagieren nutzen tagtäglich die Metrostation des für die Nation symbolträchtigen Ortes. Sie müssen sich nun daran gewöhnen, daß diese einen neuen Namen trägt. Statt „Sol“ heißt sie fortan „Vodafone Sol“, dem britischen Telekomkonzern werden für diese zunächst auf drei Jahre begrenzte Imagewerbung drei Millionen Euro in Rechnung gestellt. Angesichts der 500 Millionen Euro Schulden, die die Metrogesellschaft der Hauptstadt drücken, kann die Einnahme bloß als ein Tropfen auf den heißen Stein gelten. Die Fahrgäste müssen sich daher darauf einstellen, daß die Leistungen noch weiter zusammengestrichen werden.

Allerdings könnte das Madrider Beispiel europaweit die politische Führung von anderen verschuldeten Kommunen, Regionen und Ländern dazu inspirieren, die bislang nur immateriellen Vermögen ihrer jeweiligen Nation in vergleichbarer Weise endlich zu barer Münze zu machen. Die Kämmerer von Athen, Rom und Berlin etwa dürften davon ausgehen, daß sie weitaus höhere Erlöse als ihre Kollegen aus der spanischen Metropole erzielen könnten, wenn sie Namenszusätze für die Akropolis, das Kolosseum oder das Brandenburger Tor versteigern.

Gerade auch neuen Weltkonzernen aus Schwellenländern böte sich hier die Chance, ihre Namen auf dem europäischen Markt bekannter zu machen. Warum sollten aber insbesondere die mediterranen Schuldenstaaten nicht noch weiter gehen und die Namen prominenter Urlaubsregionen anbieten? Für Nike statt Kreta, Nokia statt Adria und Costa Ikea statt Costa Brava dürften beträchtliche Preise zu erzielen sein.

Darüber hinaus ist zu fragen, ob Staaten, Regionen und Städte nicht auch Lizenzgebühren für die Nutzung ihrer Namen durch Konzerne erheben sollten. Die Deutsche Bank etwa erzielt einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil dadurch, daß sie sich den guten Ruf unserer Nation zunutze macht, obwohl sie dieser längst nur noch unternehmensgeschichtlich verbunden ist. Dafür sollte sie nicht nur zur Kasse gebeten werden. Auch ist dafür zu sorgen, daß ihr der Name entzogen werden kann, wenn sie das Image unseres Landes beschädigt.

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