© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Schlag ins Kontor der Konservativen
USA: Oberster Gerichtshof stellt Homo-Ehen gleich / Rechte der einzelnen Bundesstaaten bleiben unangetastet
Thorsten Brückner

Gottes Gericht wird über uns kommen“, mahnte der Präsident der American Family Association, Fred Jackson. Der frühere Präsidentschaftsbewerber der Republikaner, Mike Huckabee, der beim konservativen Sender Fox News eine eigene Show moderiert, twitterte einen Bibelvers aus dem Johannesevangelium: „Jesus weinte.“

Hingegen wurde das Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA, wonach legal verheiratete homosexuelle Paare ab sofort und rückwirkend dieselben bundesstaatlichen Privilegien erhalten müssen wie traditionell verheiratete Paare, nicht nur von der politischen Linken begrüßt.

Der konservativ-libertäre Radio- und Fernsehmoderator Glenn Beck machte schon wenige Minuten nach der Supreme-Court-Entscheidung den Anfang. „Der Staat sollte sich nicht in Ehen einmischen. Dies könnte sich als ein sehr guter Tag für alle erweisen.“ Der verfassungskonservative Richter Andrew Napolitano nannte die Entscheidung „nicht überraschend“. Schon zuvor hatte Fox-News-Moderator Bill O’Reilly stellvertretend für eine wachsende Mehrheit der Amerikaner klargemacht, wohin die Reise gehen wird. Verteidiger der traditionellen Ehe sollten besser Argumente liefern, statt nur mit der Bibel auf den Tisch zu hauen, forderte er.

Das Urteil vom vergangenen Mittwoch hat zunächst nur geringe Auswirkungen auf die Gesetzgebung der einzelnen Staaten. Zählt man Kalifornien dazu, in dem die neun obersten Richter in einer separaten Entscheidung die gleichgeschlechtliche Ehe faktisch aufrechterhalten haben, ist in 13 der 50 Staaten die Homo-Ehe anerkannt.

Homosexuelle Paare, die in diesen Staaten heiraten, haben fortan Anspruch auf dieselben Privilegien der Bundesregierung, zum Beispiel Steuervorteile oder Abschläge bei der Krankenversicherung, wie traditionelle Paare. Gegen den die Ehe als Gemeinschaft aus Mann und Frau definierenden „Defense of marriage Act“, der 1996 vom demokratischen Präsidenten Bill Clinton unterzeichnet wurde, hatte eine Lesbe geklagt, die in Kanada ihre Partnerin geheiratet hatte. Nachdem diese verstarb, mußte sie dem Staat New York mehr als 600.000 Dollar an Steuern für die Erbschaft zahlen, von denen ein Ehepaar befreit gewesen wäre.

Den Ausschlag gab bei dem in der Frage zwischen konservativen und liberalen Richtern oft gespaltenen Obersten Gerichtshof Richter Anthony Kennedy. Kennedy galt bereits vor dem Urteil als Verfechter der Gleichstellung homosexueller Paare. Besonders die Rechte von adoptierten Kindern haben für ihn eine große Rolle gespielt. Gleichzeitig liegt Kennedy auch die Autonomie der Bundesstaaten am Herzen, weswegen das Urteil die Freiheit der Staaten, Homo-Ehen nicht zuzulassen, zunächst nicht antastete.

Wie der konservative Richter Antonin Scalia in seinem Minderheitenvotum jedoch kritisierte, verwendet Kennedy in seiner Urteilsbegründung Worte, die Homo-Paare dazu ermuntern könnten, in solchen Staaten den Klageweg zu beschreiten. Kritiker argwöhnen, daß als nächstes Militärpfarrer in Bedrängnis kommen werden. Das Militär untersteht der Bundesregierung, die nun zur Gleichstellung beider Lebensformen verpflichtet ist. Historiker David Barton befürchtet, daß Militärpfarrer daher bald gezwungen werden könnten, homosexuelle Soldaten zu trauen. Mittelfristig hält er sogar die Diskriminierung von bibeltreuen Kirchen, die die Homo-Ehe ablehnen, für möglich. Die Regierung könnte deren Steuerbefreiung als gemeinnützige Organisation aufheben und so gerade die in den USA viele Angestellte beschäftigenden Mega-Kirchen in den Bankrott treiben.

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