© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Irische Spitzenbanker verhöhnen Deutschland
Kredite für jeden Cowboy
Markus Brandstetter

Die 1964 gegründete Anglo Irish Bank geriet in der Weltfinanzkrise durch faule Immobiliarkredite in eine existentielle Schieflage. Im Januar 2009 wurde es notverstaatlicht. In den folgenden zwei Jahren pumpte der irische Staat mit nur 4,5 Millionen Einwohnern weitere 30 Milliarden Euro in die Pleitebank. Mindestens die Hälfte der Gelder stammte aus EU-Mitteln.

Das ist aber noch nicht alles. Für die Rettung der sechs am schwersten angeschlagenen irischen Banken wurden die EU-Kassen um insgesamt 100 Milliarden Euros geplündert. Es ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, welches Investmentvehikel von EU und IWF welches Loch bei welcher irischen Bank mit welchem Betrag gestopft hat, es ist nur eines klar: Das Zwanzigfache des jährlichen Haushalts der Stadt München ist aus EU-Mitteln in die Abwicklung von ein paar Banken geflossen, die jahrelang eine Schrottimmobilie nach der anderen finanziert hatten.

Dublin ist genau wie viele spanische Städte von einem Ring von leeren Geisterstädten und Gewerbegebieten umgeben, in die keiner mehr einziehen mag. Kontrollen, eine realistische Bewertung der finanzierten Objekte und eine Bonitätsprüfung der Schuldner scheint es zehn Jahre lang nicht gegeben zu haben. Wer jetzt denkt, daß diese Situation die irischen Banker auch nur eine Minute lang beunruhigt hätte, der irrt. Ganz im Gegenteil: Je verzweifelter die Lage, desto lustiger ging es in der Anglo Irish-Vorstandsetage zu, wie vom Irish Independent veröffentlichte Telefonmitschnitte beweisen.

Im September 2008 fanden David Drumm, Ex-Vorstandschef der Anglo Irish, und sein Kapitalmarktchef John Bowe täglich mehrmals Grund zum Lachen, hauptsächlich über die dummen Deutschen, die, wie beide wußten, via EU das irische Debakel schon finanzieren würden. Da hört man Bowe einmal mit nachempfundenem deutschem Akzent „Deutschland, Deutschland über alles“ singen, da ist jedes dritte Wort A… und Sch…, da schütten sich beide vor Lachen aus, als sie über die EU-Garantien für die Anglo Irish reden. Beide Banker wissen von Anfang an, daß Staat und EU ihre Bank retten werden, es geht jetzt nur noch darum, wann wieviel Geld gebraucht wird, wie beide das der irischen Regierung, die sie beständig verhöhnen, am besten verklickern und wie beide Banker sich ohne Schaden aus der Affäre ziehen.

Die nachholende Empörung von Angela Merkel, die für die Bankster „wirklich nur Verachtung“ übrig hat, ist genauso heuchlerisch wie Wolfgang Schäubles Forderung, „denen das Handwerk zu legen“. Denn fest steht fest: Die beiden Banker haben alles durchgezogen wie geplant, und passiert ist ihnen gar nichts. Drumm ist in die USA ausgewandert, wo er keine Strafverfolgung befürchten muß. Bowe wurde Berater. Und die naiven Deutschen haben längst wie erwartet erneut für alles brav bezahlt – unter der Kanzlerschaft Merkels.

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