© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Zum Schaden nicht nur der Seezunge
Ignorierte Datensammlung: Die Naturschutzorganisation WWF rügt Deutschland wegen mangelnden Schutzes der Ostsee
Richard Stoltz

Alle reden zur Zeit über Datendiebstahl und mangelnden Datenschutz, auch die vielen Sommerurlauber tun das, die jetzt zu den schönen Stränden und Kurbädern an der Ostsee aufbrechen. Nur die hoch angesehene Naturschutzorganisation WWF hat momentan andere Sorgen, gerade der Ostsee wegen. Leidenschaftlich beklagte der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp, am Montag dieser Woche in Stralsund bei der Präsentation eines WWF-Reports den „mangelnden Ostseeschutz“,welcher geradezu katastrophale Ausmaße angenommen habe.

Und die Katastrophe, so Lamp, sei nicht etwa das Resultat von Datendiebstahl, sondern von Daten-Nichtbeachtung. Sämtliche Daten, die der WWF bereits im Jahre 2007 in einem ausführlichen „Gemeinsamen Ostseeplan“ zusammengestellt und der Öffentlichkeit vorgelegt habe, seien von den Anrainerländern sträflich beiseite gekehrt worden. Besonders die deutsche Bundesregierung sei anzuklagen.

Deutschland habe den Schutz der Artenvielfalt in und an der Ostsee derart vernachlässigt, daß zum Beispiel die anmutige (und wohlschmeckende) Seezunge faktisch ausgestorben sei. Die Landesregierungen hätten das üppige Datenmaterial über notwendige Fischerei-Schutzgebiete ruchlos ignoriert. Ferner habe man sich nicht um die wegen der Wassererwärmung und Wasserverschmutzung bitter notwendige Algenbekämpfung gekümmert, so daß jetzt viele einst schöne Strände von Algen überwuchert und verschleimt seien, was weder den Fischen noch den menschlichen Badegästen gefallen könne.

Die Lage scheint in der Tat alarmierend, der anstehende Sommerurlaub an der Ostsee akut gefährdet. Einigen Trost – wenigstens ex negativo und im Hinblick auf größere politische Zusammenhänge – könnte allenfalls die Erkenntnis spenden, daß zwischen Datenklau und Datennutzung nicht unbedingt ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muß. Die meisten der geklauten Daten landen wohl unanalysiert auf dem Müll. Die beklauten EU-Behörden hören’s gern, die Fische und Badegäste an der Ostsee weniger gern.

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